Hoffnung mit Hand und Fuß

online-Festgottesdienst zum Christfest

aus der Versöhnungskirche

 

Vorspiel

 

(William Boyce (1710-1779):

1. Satz aus der Symphony I B-Dur)

 

Begrüßung und Votum

 

Ich grüße Sie aus der Versöhnungskirche.

Wir feiern Gottesdienst -

ich hier in der Kirche,

Sie zuhause vor dem Bildschirm.

 

Eigentlich wollten wir zusammen hier in der Kirche feiern -

mit festlicher Musik zum Christfest.

Darauf verzichten wir in diesem Jahr;

das ist sicherer für uns.

 

Trotzdem feiern wir jetzt Gottesdienst:

Wir hören auf Gottes Wort,

Wir loben ihn mit unseren Liedern -

singen Sie gerne zuhause mit!

Und wir sagen ihm unsere Bitten und Fragen.

 

So sind wir verbunden in seinem Namen.

Im Namen des Vaters und des Sohnes

und des Heiligen Geistes.

 

Psalm 96

 

Singet dem Herrn ein neues Lied;

singet dem Herrn, alle Welt!

Singet dem Herrn und lobet seinen Namen,

verkündet von Tag zu Tag sein Heil!

Erzählet unter den Heiden von seiner Herrlichkeit,

unter allen Völkern von seinen Wundern!

Betet an den Herrn in heiligem Schmuck;

es fürchte ihn alle Welt!

Sagt unter den Heiden: Der Herr ist König.

Er hat den Erdkreis gegründet, dass er nicht wankt.

Er richtet die Völker recht.

Der Himmel freue sich, und die Erde sei fröhlich,

das Meer brause und was darinnen ist;

das Feld sei fröhlich und alles, was darauf ist;

es sollen jauchzen alle Bäume im Walde

vor dem Herrn; denn er kommt,

denn er kommt, zu richten das Erdreich.

Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit

und die Völker mit seiner Wahrheit.

 

Gebet

 

Gott,

es ist Weihnachten,

aber vielen ist heute nicht zum Feiern zumute.

Befreit jubeln und aufatmen,

das passt gerade nicht in unsere Zeit.

Dafür sehen wir,

wie sehr wir Hoffnung brauchen,

wie sehr wir uns mit dieser Welt nach Erlösung sehnen.

Dazu feiern wir diesen Gottesdienst,

damit unsere Hoffnung mit dem Kind von Bethlehem neu zur Welt kommt.

Darum bitten wir Dich:

Komm zu uns,

damit wir aufatmen

und unsere Welt mit uns.

Amen.

 

Lesung Lk 2,1-7

 

Lied: Es ist ein Ros entsprungen

 

1) Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart,

wie uns die Alten sungen, von Jesse kam die Art
und hat ein Blümlein bracht
mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.

2) Das Blümlein, das ich meine, davon Jesaja sagt,
hat uns gebracht alleine Marie, die reine Magd;
aus Gottes ewgem Rat
hat sie ein Kind geboren, welches uns selig macht.

 

Lesung Jes 11,1-9

 

Lied: Es ist ein Ros entsprungen (eg 30,3)

 

3) Das Blümelein so kleine, das duftet uns so süß;
mit seinem hellen Scheine vertreibt's die Finsternis.
Wahr' Mensch und wahrer Gott,
hilft uns aus allem Leide, rettet von Sünd und Tod.

 

Hoffnung mit Hand und Fuß – Predigt zu Jes 11,1-9

 

Wo der Zweig aus dem Baumstumpf treibt,

war vorher Kahlschlag.

 

Es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais.“

 

Und:

Wo der Zweig aus dem Baumstumpf treibt,

war vorher Kahlschlag.

Stumpf und Wurzel – das ist der Rest,

das ist das, was bleibt,

wo vorher ein Baum stand.

 

Für mich ist das nicht nur ein Sinnbild für die Zeit,

in der wir leben.

Dafür habe ich zu viele Baumstümpfe gesehen -

bei Wanderungen in diesem Jahr:

Die Baumstümpfe,

die übrig bleiben,

wo große Erntemaschinen durch den Wald pflügen

und in wenigen Minuten die vertrockneten Bäume fällen -

über Jahrzehnte gewachsen,

durch drei Hitzesommer vertrocknet.

Was übrig bleibt sind, die grauen, toten Stümpfe,

wo es vor drei Jahren noch grün war.

 

Daneben erlebe ich auch einen moralischen Kahlschlag -

nicht erst seit den Hygienedemos.

Schon länger fallen ja schleichend die Tabus.

Da wird gesagt, was vor Jahren noch undenkbar war.

Da wird gelogen,

dass sich die Balken biegen -

sind ja „alternative Fakten.“

Und die, die guten Willens sind,

macht es zunehmend ratlos.

 

Und dann die Pandemie:

Für mich setzt das der allgegenwärtigen Krise

die Krone auf.

Wir stehen hilflos vor dem Virus

wie das Kaninchen vor der Schlange.

Kontakte sind gefährlich.

Ich fühle mich wie abgeschnitten,“

haben mir in den letzten Monaten viele gesagt.

Auch eine Art Kahlschlag.

 

Krise allenthalben -

die Menschen damals zur Zeit Jesajas im kleinen Königreich Juda werden es ähnlich erlebt haben.

Die fühlten sich am Ende -

ganz so wie viele sich am Ende dieses Jahres selbst am Ende fühlen.

 

Hoffnung – nicht mehr als ein zarter Zweig?

 

Und in all dem feiern wir Weihnachten.

Es wird nicht die kurze Atempause sein,

die viele sich gewünscht haben.

Aber eigentlich – denke ich – brauchen wir auch mehr:

Wir brauchen Hoffnung, die uns langen Atem gibt -

nicht nur in diesem Jahr, wo es so offensichtlich ist.

Darum geht es in jedem Jahr,

wenn wir Weihnachten feiern.

 

Eine solche Hoffnung steckt in den Worten Jesajas:

Wo wir am Ende sind mit unseren Plänen und Programmen,

wo wir ratlos sind,

da wächst die Hoffnung.

Aus dem Baumstumpf sprosst und grünt es.

Eine neue, eine andere Welt tritt hervor.

Da kommt einer -

mit Geist und nicht mit Macht.

Da kommen die Kleinen zu ihrem Recht.

Da werden die Gegensätze der Welt überwunden:

Löwe und Lamm liegen friedlich nebeneinander.

 

Das ist das Gegenteil unserer Welt.

Das zeigt,

wie heillos zerrissen sie ist,

wie sehr sie Erlösung braucht.

Und deshalb sind diese Worte auch nicht an dieser Welt vorbeigeredet,

sondern in sie hinein gesprochen.

 

Jede Weihnachtsfreude kann da nur Vorfreude sein.

In jedem Jahr ist das so,

aber in diesem Jahr spüren wir es vielleicht stärker,

wenn unsere Freude überlagert wird von unseren Sorgen und all dem,

was sich da in unserer Welt zusammenbraut.

 

Da kann es umso deutlicher werden:

Wo wir am Ende sind, sollen wir neue Hoffnung finden.

Und diese Hoffnung ist wie ein zarter Zweig,

der unerwartet sprießt,

wo wir aufgeben und resignieren.

 

Hoffnung – mit Hand und Fuß!

 

Tja, die Hoffnung…

Wir reden schon mal vom Licht am Ende des Tunnels.

Wir sagen:

Wenn du denkst, es geht nicht mehr,

dann kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“

Und:

Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Das zeigt, wie verlegen wir um Hoffnung sind,

wie hilflos wir sind.

 

Doch wenn wir Weihnachten feiern,

dann geht es nicht um irgendein Lichtlein;

es geht um das Licht der Welt.

Es geht nicht darum,

dass wir uns irgendwie aufraffen und Haltung finden.

Es geht darum,

dass Gott uns aufrichtet,

dass er uns Halt gibt

und wir daraus Hoffnung schöpfen.

 

Diese Hoffnung – sie hat Hand und Fuß.

Denn sie ist Mensch geworden mit dem,

dessen Geburt wir heute feiern.

Deshalb ist sie keine Idee, kein Programm,

das wir in die Welt setzen.

Sie ist schon mit Jesus Christus zur Welt gekommen.

 

Er ist der Zweig aus dem Stamm Davids,

der auch in uns Wurzeln schlagen möchte.

An seiner Geschichte wächst unsere Hoffnung.

In seiner Nachfolge werden wir selbst zu Hoffnungsträgern,

wenn wir nicht an der Krippe stehen bleiben:

 

Denn aus dem Zweig aus der Wurzel Jesse wächst das Holz des Kreuzes,

an dem Gott dieser zerrissenen und kaputten Welt Erlösung schenkt.

 

Die Hoffnung stirbt zuletzt?

Nein – er ist gestorben,

damit unsere Hoffnung nicht totzukriegen ist,

und wir mit ihm, mit dem Auferstandenen leben.

 

Darum – um ihn geht es.

Da kann die Welt verrückt spielen -

seine Weisheit,

sein Geist bringt uns wieder zurecht.

Da können unsere Tage noch so dunkel sein -

er bleibt unser Licht.

 

Und der Friede Gottes,

der größer ist als unser Denken und Verstehen,

der bewahre unsere Herzen und Sinne in ihm,

in Christus Jesus,

unserem Herrn. Amen.

 

Zwischenspiel

 

William Boyce: 2. Satz aus der Symphony VI F-Dur

 

Fürbitten und Vaterunser

 

Herr Jesus Christus,

Du Kind von Bethlehem,

Gekreuzigter und Auferstandener,

Du bist unsere Hoffnung.

Deshalb beten wir zu Dir,

damit wir Deines Geistes Kinder werden:

 

Komm mit Deinem Geist,

dem Geist der Weisheit,

der unsere Gedankenlosigkeit durchbricht

und uns zeigt, wie kostbar das Leben ist.

 

Komm mit Deinem Geist,

dem Geist des Verstandes,

der unsere Unvernunft vertreibt,

unser vermeintliches Wissen in Frage stellt

und vorlaute Besserwisser verstummen lässt.

 

Komm mit Deinem Geist,

dem Geist des Rates, der uns zur Seite steht,

wo guter Rat teuer ist

und leite alle die Entscheidungen treffen

in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

 

Komm mit Deinem Geist

dem Geist der Stärke, der die aufrichtet,

die am Boden liegen -

niedergedrückt von den Sorgen und Ängsten unserer Zeit.

 

Komm mit Deinem Geist,

dem Geist der Erkenntnis,

der uns die Augen öffnet für unsere Möglichkeiten,

Deine Schöpfung zu bewahren

für Kinder und Kindeskinder.

 

Komm mit Deinem Geist,

dem Geist der Furcht des Herrn,

damit wir Dich erkennen,

wie Du wirklich bist:

groß und doch nahbar,

allmächtig und voller Liebe,

gerecht und gnädig.

 

In diesem Geist,

der uns glauben und hoffen lässt,

beten wir -

jede und jeder für sich in der Stille,

mit seinen eigenen Bitten und Fragen.

 

Vater unser im Himmel.

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

Lied: O du fröhliche (eg 44,1-3)

 

1) O du fröhliche, o du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren, Christ ist geboren:
Freue, freue dich, o Christenheit!

2) O du fröhliche, o du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Christ ist erschienen, uns zu versühnen:
Freue, freue dich, o Christenheit!

3) O du fröhliche, o du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Himmlische Heere jauchzen dir Ehre:
Freue, freue dich, o Christenheit!

 

Segen

 

Der HERR segne dich und behüte dich,

der HERR lasse leuchten sein Angesicht über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

 

Nachspiel

 

Nachspiel: William Boyce: 3. Satz aus der Symphony I B-Dur