Augen auf!

online-Andacht zum 8. Sonntag nach Trinitatis

Bibeltext: Johannes 9,1-7

 

Der Blinde erzählt, der Bildschirm bleibt dabei zuerst dunkel.

 

Du siehst nichts? Das liegt nicht an Deinem Computer. Das ist kein Fehler. Das soll heute so sein, denn ich sehe auch nichts.

 

Ich habe noch nie etwas gesehen; ich bin blind zur Welt gekommen. Aber das heißt nicht, dass ich nichts mitkriege! Wenn ich jeden Tag am Tempel sitze, spüre ich die Sonne. Ich höre die Schritte der Leute, die an mir vorbeilaufen. Ich höre ihre Gespräche - manchmal auch welche, die nicht für meine Ohren bestimmt sind. Und ich höre die Geldstücke fallen, die sie mir zuwerfen; davon lebe ich.

 

Eines Tages höre ich ihn – Jesus. Es ist nicht irgendein Tag, sondern der Tag, der mein Leben verändert. Er kommt mit seinen Jüngern aus dem Tempel. Drinnen ist dicke Luft, gibt‘s hitzige Gespräche. Jetzt geht er, aber seine Jünger haben wohl noch nicht genug. Gegenstand der nächsten Diskussion soll ausgerechnet ich sein, der arme Blinde, der eh nichts mitkriegt: „Was hat er getan, dass er blind ist?“, fragen sie. Und: „Welche Schuld hat er auf sich geladen? Und wenn er blind zur Welt gekommen ist, was haben seine Eltern getan?“ Ich kenne diese Fragen; sie tun weh. Oft frage ich mich das auch.

 

Aber er, Jesus, sagt nur: „Keiner hat Schuld – er nicht und seine Eltern auch nicht. Er ist blind, damit Ihr seht, was Gott tun kann: Ich bin das Licht der Welt!“ Dann wird es still. Er beugt sich zu mir herunter; ich spüre das. Ich spüre etwas im Gesicht, auf den Augen – feuchte Erde. Und er sagt zu mir: „Kennst Du den Weg zum Teich Siloah?“ Ich nicke. „Dann geh hin, wasche Dein Gesicht.“

 

Ich gehe – Schritt für Schritt, langsam, aber zielstrebig taste ich mich durch die Stadt. Ich knie mich an das Wasser, schöpfe es mit beiden Händen ins Gesicht. Und dann sehe ich – das erste Mal in meinem Leben. Erst blendet mich das Licht, dann treten Umrisse hervor – Häuser, Bäume, Menschen. Ihn, Jesus, sehe ich nicht. Muss ich auch nicht. Ich weiß es so: Er ist das Licht der Welt!

 

Lied: Licht bricht durch die Dunkelheit

 

Licht bricht durch die Dunkelheit,

bahnt den Weg in die Ewigkeit,

Leben strömt auch in unsre Zeit:

Jesus Christus ist da!

 

Wir fragen nach dem Ziel und Sinn,

wir suchen einen Neubeginn.

Wer kennt die Richtung, wer das Ziel?

Wer macht die Wege klar?

 

Augen auf!

 

Jesus heilt einen Blinden. Davon erzählt die Geschichte für diesen Sonntag. Aber es geht nicht nur darum, dass der Blinde wieder sehen kann. Es geht ebenso darum, dass die richtig sehen, mit deren Augen alles in Ordnung ist.

 

Man muss nicht blind sein, um im Dunkeln zu tappen. Auch Menschen, die sehen können, haben ihre blinden Flecken, und sehen ganz oft den Wald vor lauter Bäumen nicht. Denn auch wenn mit unseren Augen alles in Ordnung ist, ganz oft sehen wir nicht richtig. Das liegt daran, dass wir nur sehen, was wir sehen wollen, und uns oft nicht die Mühe machen, genauer hinzusehen.

Dafür stehen die Jünger in der Geschichte. Als sie den Blinden sehen, fragen sie: „Wer ist schuld – er oder seine Eltern?“ Eine andere Möglichkeit sehen sie nicht.

 

„Ich bin das Licht der Welt“, sagt Jesus in dieser Geschichte. Licht für alle – nicht nur für den Blinden, sondern auch für Sehende. Bei ihm rückt unser Leben ins richtige Licht:

Wir lernen mit den blinden Flecken unseres Lebens umzugehen.

Wir sehen, wo wir auf dem Holzweg sind und wie wir zurückfinden.

Wir sehen nicht nur uns, sondern die Not anderer.

Das verändert unser Leben.

Das macht uns zu neuen Menschen.

Deshalb sagt Jesus nicht nur „Ich bin das Licht der Welt!“, sondern auch: „Ihr seid das Licht der Welt!“

 

Ich wünsche Euch und Ihnen eine gute neue Woche – mit lichten Momenten.

 

Übrigens: Wo bitte geht’s zum Himmelreich? Wer das wissen möchte, sollte am nächsten Wochenende reinschauen: Hier auf unserem You-Tube Kanal mit Elisabeth Schell oder live im Familiengottesdienst in er Auferstehungskirche.

 

Bis dahin: Bleibt gesund – und gesegnet!