Blog-Übersicht (bitte runterscrollen)

2. Juni: Free at last ..., Uta Rode
26. Mai: Virulent - Fortsetzung, Georg Freuling
19. Mai: Virulent, Uta Rode
12. Mai: Impfneid, Georg Freuling
5. Mai: Apfelbaum, Uta Rode

...


Free at last …

ein Gefühl von Freiheit breitet sich aus. Die Infektionszahlen gehen runter, die Impfquote rauf.

Die Temperaturen ebenfalls.

Trotzdem wissen oder ahnen wir, dass das Virus nicht verschwunden ist. Wir werden in dieser Richtung beraten und wenn wir realistisch sind, gehen wir selber davon aus: weitere Vorsicht ist notwendig.

Aber ist Freiheit nicht immer begrenzt? Der Klassiker dazu: Meine Freiheit endet bei der Freiheit des Anderen. Dazu gibt es Varianten. Eine hat das Bundesverfassungsgericht zum Thema Klimawandel formuliert: unsere Freiheit beim Ressourcenverbrauch endet da, wo die Freiheit unserer Kinder und Kindeskinder substantiellen Schaden nimmt, weil wir ihnen nur noch verbrannte Erde hinterlassen.

Man braucht keine Franziska von Assisi zu sein, um den Gedanken auch auf das Tierwohl auszudehnen. Meine Freiheit zu beliebig billigen Lebensmittel endet doch vielleicht da, wo der Preis, den das Tier bezahlt, „unmenschlich“ wird…

Ähnlich zum Lieferkettengesetz: „alles billig“ sollte da begrenzt werden, wo die Ausbeutung beginnt.

Persönliche Freiheit gegen das Wohl eines Anderen abzuwägen, war eine Lektion der letzten 14 Monate. Ich wünsche mir, dass wir das nicht nur für die akute Zeit der Pandemie gelernt haben.

 

Mit freundlichen Grüßen: Uta Rode


 

Virulent – Fortsetzung

In der letzten Woche hat Uta Rode aus aktuellem Anlass vom Virus des Antisemitismus und seinen tiefen weit zurückreichenden Wurzeln geschrieben. Die Geschichte des Antisemitismus ist lang und kennt viele Facetten. In diesem Jahr versuchen wir, dem in Deutschland etwas entgegenzusetzen: 2021 jüdisches Leben in Deutschland, denn dieses jüdische Leben gibt es seit 1700 Jahren. Ein Edikt Konstantins aus dem Jahr 321 n. Chr. belegt es: Kaiser Konstantin reagierte auf eine Anfrage aus Köln und erlaubte die Berufung von Juden in die Stadträte.

In diesem Jahr steht nicht die Geschichte, sondern die Gegenwart im Vordergrund – jüdisches Leben in Deutschland heute in seiner ganzen Vielfalt. Es ist gut, Jüdinnen und Juden nicht auf die verhängnisvolle Geschichte des Antisemitismus zu reduzieren! Es ist aber ebenso wichtig, die Erinnerung wach zu halten, um die Gegenwart zu gestalten. Und vielleicht braucht es noch mehr: 1700 hat das Judentum unsere Kultur und unser Denken mitgeprägt – durch Dichter wie Heine, Komponisten wie Mendelsohn Bartholdy, Denker wie Spinoza…

Das Festjahr findet zur Zeit noch weitgehend digital statt – leider. Aber es lohnt sich, reinzuschauen und mitzumachen unter 2021jlid.de.


 

Virulent

Unsere Zuversicht in die Entspannung und Freilassung aus der „Quarantäne-Situation“ steigt.

Es gibt einen Fahrplan für live-Gottesdienste, wunderbar!

Wenn wir aber noch einmal über den Tellerrand hinausschauen, gibt es neuen und andersartigen Anlass zur Sorge: die Ausbreitung des Antisemitismus-Virus anlässlich der Gewalt im Nahen Osten.

Schon vor diesem Anlass ist mir ein Buch zugelaufen, das ich mit trauriger Spannung lese: „Kurze Geschichte des Antisemitismus“ von Peter Schäfer. Traurig stimmt mich der Anteil, den Paulus und auch die Verfasser der Evangelien am christlichen Antijudaismus haben. Mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, in welchen Ausmaß schon in der vorchristlichen Antike Juden feindselig wahrgenommen wurden und Stereotype entstanden, die durch die Jahrhunderte weitergereicht wurden. Von Anfang an waren es die als solche wahrgenommenen Unterschiede, die zu Feindseligkeit führten. Sowohl in der griechischen als auch in der römischen Welt gab es die Tendenz, auf einen politischen und religiösen Nenner zu kommen: einen bunten Götterhimmel, bzw. Rom als Nabel der Welt. Einen solchen gemeinsamen Nenner kann man als Toleranz auslegen.

Die Juden lebten im Unterschied dazu: sichtbar an der Beschneidung (z.B. bei sportlichen Wettkämpfen) oder wahrnehmbar im Kult (an ihrer Haltung zu Speise- und Opfergeboten).

Wer sich jemals mit mobbing-Situationen auseinandersetzen musste, weiß, dass Unterschiede leicht übel genommen werden. Und sie werden gerne dem Opfer vorgeworfen.

Dabei machen Unterschiede doch die Lebendigkeit des Lebens aus: ohne sie keine Liebe und keine Erkenntnis. Mein Vorschlag dazu: bei jeder Gereiztheit im Umgang mit Anderen, die wir an uns entdecken, können wir überprüfen, wie es mit unserer eigenen Toleranz für Unterschiede bestellt ist!

Es grüßt herzlich: Uta Rode


 

Impfneid?

Eins vorweg: Ich bin noch nicht geimpft. Ich bin noch nicht dran. Und nach Impfpriorisierung zählen Pfarrer auch nicht zu den Berufsgruppen, die bevorzugt geimpft werden. Für mich ist das nachvollziehbar: Verkäufer im Lebensmitteleinzelhandel oder Lehrerinnen in weiterführenden Schulen haben im Laufe ihres Arbeitstages viel mehr Kontakte und tragen damit ein höheres Risiko als ich. Vorläufig mache ich weiter wie in den letzten Monaten: Ich ersetze Besuche durch Anrufe, führe Gespräche über Zoom oder treffe mich zu Seelsorgegesprächen im Wald – und wenn der Sommer kommt, können wir auch wieder im Garten sitzen. Maskenpflicht und Hygieneregeln müsste ich selbst als Geimpfter auch weiterhin beachten. Ich bin dabei ganz entspannt: Ein Jahr lang ist es gut gegangen. Die letzten Wochen werde ich auch noch durchhalten. Und mit der Impfung irgendwann im Sommer werde ich dann nicht mehr lebensgefährlich an Covid-19 erkranken. Ist doch eine schöne Perspektive…

Aber was wird auf dem Weg dahin nicht alles diskutiert?!

Am Anfang war’s die EU, die nicht schnell genug war. Aber was haben wir eigentlich erwartet? Millionen von Menschen impft man nicht innerhalb eines Monats. Das hat selbst im Impfparadies Israel nicht geklappt, wo „nur“ 9 Millionen (Vergleich BRD knapp 84) geimpft werden mussten. Und – wie wäre die EU kritisiert worden, wenn sie per Notfallzulassung die Impfstoffproduzenten aus der Haftung entlassen oder zu teuer eingekauft hätte, um schneller am Start zu sein? Ich kann’s mir lebhaft vorstellen…

Jetzt sind die Lockerungen für Geimpfte das große Thema, und ich bin irritiert: Worum geht es eigentlich? Um den testfreien Friseurbesuch und das Ticket für den Sommerurlaub oder um den Schutz vor einer lebensgefährlichen Krankheit? Stimmen in der Diskussion noch die Maßstäbe? Wäre es in den nächsten Monaten nicht wichtiger dafür zu sorgen, dass Schülern nicht das nächste Halbjahr versemmelt wird als dass möglichst viele unbehelligt nach Mallorca kommen? Und – ja, die Grundrechte. Natürlich sind die wichtig, aber trotzdem stoßen sie weiterhin an ihre Grenzen, wenn es um das Allgemeinwohl (in diesem Fall: Eindämmung der Pandemie) geht. Außerdem formuliert das Grundgesetz aus gutem Grund nicht nur individuelle Grundrechte, sondern die Gleichheit aller vor dem Gesetz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das auf Dauer die Unterscheidung geimpft – ungeimpft verträgt.

Erstaunlich wenig Aufmerksamkeit findet ein ganz anderes Thema: Die Bewältigung der Pandemie ist keine nationale, sondern eine globale Aufgabe. Dafür gibt es die COVAX-Initiative der Weltgesundheitsorganisation, durch die auch die ärmsten Länder bis Ende des Jahres so viel Impfstoff erhalten sollen, dass sie wenigsten ihre Risikogruppen impfen können. Damit das gelingen kann, müsste allerdings die Impfstoffproduktion erheblich gesteigert werden. Und das ist nur möglich, wenn die Hersteller Lizenzen und Wissen teilen, damit die Produktion in Südafrika, Indien und anderen Ländern anlaufen kann. EU und BRD erteilen dem allerdings eine klare Absage – aus wirtschaftlichen Gründen. Dabei ginge es nicht um eine dauerhafte Aufweichung, sondern nur um die vorübergehende Lockerung des Patentschutzes in einer Notlage, um Menschenleben zu retten. Das allein ist der beste Grund, den man sich denken kann. Hinzu kommt: Im Endeffekt würden wir uns damit auch selbst schützen – vor den Virusmutationen, die durch die Eindämmung der Pandemie in anderen Ländern erst gar nicht entstehen.

Impfneid? Vielleicht sollte man ihn mal global sehen!

Georg Freuling


 

Apfelbaum

Dieser Apfelbaum ist schon sehr alt.

Den größten Teil des Jahres steht er verhutzelt im Garten, voller Flechten und mit sehr kleinen Äpfeln, von denen er viele vor der Reife abwirft. Aber jedes Jahr im April oder Mai bezaubert er mit weiß-rosiger Fülle.

Sei es die Kirschblüte am Kermisdahl oder das frische Maigrün der Buchen im Wald: wir können uns davon ansprechen und tief berühren lassen. Man kann auch sagen, wir erfahren „Resonanz“ in der Natur.

 

Natürlich beschäftigen mich auch jetzt schwerwiegende Gedanken:

„Impfgerechtigkeit“ – was genau ist das eigentlich?

„Klimawandel“ – immerhin großartig, dass das Bundesverfassungsgericht der Jugend Recht gibt;

„Migration“ – weiterhin findet Europa, dass die Lösung darin besteht, schnell genug Tür und Tor zu verschließen vor Armut, Krieg und Chancenlosigkeit.

Wenn ich den Predigttext vom letzten Sonntag zitieren darf: wenn wir nichts dazu sagen, werden die Steine vom Unrecht schreien.

 

All das und noch mehr geht uns durch den Kopf, beschäftigt und beschwert uns.

Um so wichtiger finde ich es, offen zu sein für den Zauber des Apfelbaums. Gerade jetzt wird er etwas gezaust von Sturm und Regen, aber das gehört wohl zur Aufbruch-stimmung in der Natur dazu!

 

Ich grüße herzlich, Uta Rode


 

Ertappt!

Manchmal ertappen wir uns selbst. Sei es bei einer unbewussten Handlung, die wir zum ersten Mal wahrnehmen oder bei Gedanken, die plötzlich in uns aufploppen.

Corona wirkt sich auf vielerlei Weisen aus. Unser Alltag und unser Zusammenleben im Lockdown hat viele Nebenwirkungen. Dass Kinder und Jugendliche zu wenig Bewegung haben und dass der Online-Handel boomt, sind auf dem Beipackzettel nur zwei Beispiele.

Eine andere Nebenwirkung ist auch, dass mehr Zeit im Internet verbracht wird. Und das nicht nur beruflich. Auch die Freizeit wird mehr im Netz bestritten. So wird nicht nur auf unterschiedlichen Formaten, zu variablen Zeiten, sondern auch - jetzt kommt's - vor allem mehr gestreamt. Egal ob Serien oder Filme, das Angebot ist schließlich groß genug.

Ertappt! Nein - nicht beim mehr Schauen. Auch ich verbringe mehr Zeit vor dem Bildschirm, und ich ertappe mich regelmäßig selbst. Bei bestimmten Szenen oder Filmsequenzen ploppen oft Gedanken auf, wie:

"Die stehen ja viel zu nah bei einander!" - "Warum tragen die keine Masken?" - "Jetzt aber erst einmal Hände waschen."

Verrückt!? Schließlich geht es um einen Film, um eine fiktive Geschichte.

Egal, was man von den Hygieneregeln hält, ich merke aber in diesen Momenten: Sie haben sich eingeprägt und sie begleiten mich.

Ist Leben ohne Maske und Abstand zur Fiktion geworden? Ich denke, so schnell, wie wir uns an die Maske gewöhnt haben, werden wir sie auch wieder ablegen können.

Benjamin Meister


 

Recht auf Wahrheit

 

Über unser Streben nach Wahrheit habe ich in letzter Zeit zu verschiedenen Anlässen nachgedacht.

Meine Überlegungen gingen dabei in eine ähnliche Richtung.

In der Kunst: bei der Übersetzung des Gedichts der jungen schwarzen Lyrikerin Amanda Gorman gab es einen Aufruhr; die als erste vorgeschlagene Übersetzerin erschien nicht geeignet, weil sie nicht den für notwendig erachteten biografischen Hintergrund hat. Daran, dass sie ihr Handwerk beherrscht, bestand kein Zweifel. Ulrike Folkerts erzählte in einem Interview, dass sie eine Rolle als Mutter nicht bekommen habe, weil sie lesbisch sei. Ulrike Folkerts ist eine gut ausgebildete Schauspielerin , die ihr Handwerk versteht. Welches darin besteht, dass sie nicht erlebt haben muss, was sie darstellt.

In der Politik: Donald T. hat es auf die Spitze getrieben, aber auch schon vor und nach ihm gab es „alternative Fakten“, eine Wahrheit, die jeder willkürlich für sich in Anspruch nehmen kann, wenn er - oder sie – es nur dreist genug tut. Auch in den Verschwörungtheorien, die bei uns die Runde machen, werden Dinge schlicht behauptet. Argumentation ist oft nicht mehr möglich, weil Gegen-argumente nur belegen, dass ihre Vertreterin keine Ahnung hat.

Selbst in der Forschung befürchten einige WissenschaftlerInnen mittlerweile, dass eine bestimmte Ausrichtung bei ihrer Suche nach Antworten vorgegeben oder zumindest erwünscht ist.

Andrerseits muss ja wohl diskutiert werden dürfen...

Sowohl für die Kunst als auch für die Wissenschaft ist Freiheit eine wesentliche Voraussetzung für eine mögliche Annäherung an die Wahrheit. Zum Stellenwert der Wahrheit in der Politik verweise ich auf Artikel 4 von sechs neuen Grundrechten, die Ferdinand von Schirach für Europa empfiehlt. Nachzulesen unter : jeder-mensch.eu

 

Zum Wesen der Frage gehört nach meiner Meinung, dass die Antwort offen ist. So wie in einer ehrlichen Diskussion die Chance bestehen sollte, dass die Teilnehmenden in ihrem Verlauf bereit sind, ihre Meinung auch zu ändern.

Es grüßt herzlich: Uta Rode


 

Von „Ansteckungsgefahr“ bis „Zukunft.“ Ein Jahr Quarantäneblog.

Am 7. April 2020 erschien in unserem Quarantäneblog der erste Beitrag unter dem Titel „Wach auf, Dornröschen!“ Da hatten wir den ersten Schreck, den Ansturm auf Nudeln und Klopapier, aber auch erste Ideen, wie denn nun mit der ungewohnten Situation umzu- gehen ist, hinter uns. Wir hatten den Eindruck: Diese Zeit der Pandemie verändert uns und unsere Gesellschaft. Aber nicht alles ist schlimm. Manches bringt uns zum Schmunzeln, manches müsste man festhalten für die Zeit danach...

So haben wir vor einem Jahr mit dem Blog angefangen. Gelegentlich haben uns Reaktionen gezeigt: Was wir Woche für Woche schreiben, wird gelesen, wenn auch direkte Reaktionen auf unserer Homepage nicht möglich sind. Und gelegentlich gab es auch Gastbeiträge, über die wir uns gefreut haben. Hin und wieder haben wir uns gefragt, wie lange wir das durchhalten wollen. Bis die Pandemie vorbei ist? Das legt der Titel „Quarantäneblog“ nahe. Und das dauert länger, als wir uns vor einem Jahr gedacht haben. Also machen wir weiter... Wenn es so weit ist, wenn wir geimpft und wieder „frei“ sind, wollen wir den Blog aber nicht sang- und klanglos einstellen. Unsere Idee: Wir blicken an einem Abend zurück – auf Merkwürdiges, Beängstigendes, Komisches und Wichtiges. Wann es so weit ist, wissen wir nicht. Aber wenn es so weit ist, laden wir Sie und Euch ein! Uta Rode und Georg Freuling


Notbremse

… ist neben Kanzlerkandidat das Wort der Woche: Kommt sie jetzt, die vom Bund verordnete Notbremse? Das Wort „Notbremse“ verbunden mit der Situation wirkt auf mich etwas merkwürdig:

Eine Notbremse wird ja dann gezogen, wenn der Zug sich nicht mehr anders bremsen lässt oder auf einen anderen zurast. Danach kann man nur noch hoffen, dass der Bremsweg nicht zu lang ausfällt, dass sich der große Knall noch vermeiden lässt. So sehen Intensivmediziner unsere Situation: Wir hätten die Notbremse eigentlich schon in der letzten Woche ziehen müssen, vielleicht können wir in dieser Woche noch das Schlimmste verhindern. Die Politik sagt dazu: Anfang nächster Woche ist es so weit… Auf mich wirkt das, als ob in einem rasenden Zug Passagiere und Personal diskutieren: Sollen wir jetzt? Oder hinter der nächsten Kurve? Reicht vielleicht auch eine halbe Notbremsung?

Dieses Zögern passt für mich nicht zu einer Notbremse, hat aber seine Gründe, vermute ich: Nach einem Jahr Pandemie sind viele mit ihrer Geduld am Ende. Und die Notbremse kann zwar von der Politik verordnet werden, aber dann kommt es darauf an, dass alle mitziehen. Doch viele fühlen sich schon seit Monaten ausgebremst – manche zu recht: Schüler*innen, für die es in NRW nach den Osterferien mangels Tests wieder in den Distanzunterricht geht, Arbeitnehmer*innen in Kurzarbeit oder Gastronomen, die darauf warten, dass sie ihre Betriebe endlich wieder öffnen können.

Trotzdem ist die Pandemie für mich an diesem Punkt ein Lehrstück für unsere Gesellschaft: Ich hoffe, dass wir jetzt nicht einfach nur das Ende der Pandemie abwarten, um dann wieder Gas zu geben. Klar: Viele wünschen sich nur noch ihr „altes Leben“ zurück, aber haben wir dieses Leben vor zwei Jahren immer nur gefeiert? Wenn es gut geht, haben wir nach der Pandemie verstanden, dass sich unser Leben nicht immer nur auf der Überholspur abspielen kann, dass uns das gar nicht gut tut. Und dann können wir jetzt auch gelassener mit der Vollbremsung umgehen, wenn es sein muss.


 

Spielräume

 

Danke für die Buch-Empfehlung; ein Quellenhinweis!

Der Urlaub neigt sich dem Ende zu, und wir haben versucht, uns mit wenig Tapetenwechsel trotzdem zu erholen.

Wohl dem, der ein gutes Buch zur Hand hat.

Wohl dem, der gerne draußen ist: letzte Woche gab es schon einen Vorgeschmack auf Sommer.

Ergänzen möchte ich noch: wohl dem – gerade wenn das Wetter wieder durchwachsen ist – der gerne spielt. Was wir im Urlaub suchen, sind Auszeiten. Mit einem Buch tauchen wir in eine andere Welt ein, und das Spiel ist ebenfalls ein eigener Raum, abgetrennt vom „Ernst“ des Alltags, des Lebens.

Im Spiel gehen wir auf und vergessen uns. Es kann schon mal stressig werden, wenn wir uns doch über den Fall der Würfel ärgern, wenn Gewinnen oder Verlieren auf einmal im Vordergrund stehen.

Aber eigentlich geht es um den gemeinsamen Spass: sei es mit Hilfe von Glück, Geschicklichkeit oder Kreativität.

Das Spiel hat Zweck und Ziel in sich selbst; dadurch hat es seine Leichtigkeit und schenkt uns Leichtigkeit; es schwebt. Es bezieht seinen Reiz aus einem gewissen Risiko, hat seine selbst-gestellten Aufgaben und kann beliebig wiederholt werden. Es ähnelt dann doch wieder dem Leben.

Und wenn es gut geht, verhilft es uns dazu, über uns selbst zu lachen.

Seid also ruhig mal wieder verspielt!

 

Es grüßt : Uta Rode


Vorgestellt:

Unterwegs mit dir

von Sharon Garlough Brown

Über ein Jahr lang ist mir dieses Buch in Katalogen immer wieder aufgefallen.

Bücher in denen die Geschichten verschiedener Frauen miteinander verwoben werden, gefallen mir meistens. Aber ein christliches Buch?

Egal ob ich christliche Bücher oder Zeitschriften gelesen habe, oft hatte ich den Eindruck: Gibt es so schon in „nicht christlich“ und da gefällt es mir besser. Oder anders ausgedrückt: Schlechte Kopie mit christlichem Aufsatz?

Dazu noch der Preis: 18,- €. Gebe ich gerne für ein Buch von meinem Lieblingsautor Martin Suter aus. Aber wenn ich nicht weiß, ob mir das Buch gefällt? Letztendlich landete das Buch dann aber doch auf meinem Weihnachtswunschzettel.

Und ich kann es nur empfehlen!!!

Dieses Buch kann es nicht ohne Glaubensbezug geben, denn es geht in diesem Buch vor allem um den Glauben dieser vier Frauen. Vier Frauen auf einer Glaubensreise ist somit auch der passende Untertitel des Buches.

Für mich war das Lesen dieses Buches Romanzeit und Bibellesezeit in Einem. Das einzige was ich bereue ist, dass ich keinen Textmarker beim Lesen benutzt habe. Jetzt suche ich oft vergebens nach meinen Lieblingsstellen.

Herzliche Grüße

Britta Freuling


 

Kannst du nicht mal was zum Verein Mifgash schreiben?, werde ich gefragt. Ja – gerne!

Ich war dabei, als der Verein „Haus der Begegnung – Beth (hebräisch: Haus) Hamifgash (hebräisch: Begegnung)“ im November 2013 gegründet wurde, in einem Raum unserer Kirchengemeinde übrigens. Begegnungen zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionsgemeinschaften zu fördern – das wird auch von einer Pfarrerin unterstützt. Ein Dokumentations- und Begegnungszentrum zu bauen unterhalb der Schwanenburg, wo früher jüdisches Leben gelebt wurde – auch diesen Vereinszweck kann ich unterschreiben. Um Erforschung und Dokumentation der Geschichte des Judentums im Kleverland geht es. Und um einen möglichen Zukunftsort für neues jüdisches Leben in Kleve.

Inzwischen hat der Verein sich mit seiner vielseitigen Arbeit in Kleve bekannt gemacht, bekam zum Beispiel 2019 den Heimatpreis der Stadt verliehen. Ein besonderes Verdienst: Über 100 Stolpersteine sind gelegt und erinnern an frühere jüdische Mitmenschen. Auch unsere Kirchengemeinde ist Patin von einigen Stolpersteinen!

In diesem Jahr steht etwas Besonders bevor. Es ist das 200. Jahr nach der Einweihung der (1938 zerstörten) Klever Synagoge und soll nun als Jahr der feierlichen Grundsteinlegung des geplanten „Beth Hamifgash“ in die Geschichte eingehen. Ich bin gespannt auf ein geplantes Kunstprojekt mit Workshops und einem Festival of Tolerance, bei dem wir alle mitmachen können.

In unserem Land begehen wir das Jubiläum 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland. Demnächst starten wir auch hier in Kleve mit Veranstaltungen – getragen durch ein Netzwerk von Kirchen und Mifgash-Verein.

Für mich kann ich sagen: ich bin nicht nur als Abgesandte unserer Kirchengemeinde, sondern aus Überzeugung Mitglied im Verein und Beirat. Die Vernetzung tut uns gut. Nicht nur in diesem verückten und herausfordernden Coronajahr.

Elisabeth Schell


Zahlen zur Einwegmaske

Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie benötigen wir in Deutschland zur Zeit 27.472.527 Einwegmasken pro Tag (zwischen 8 und 12 Milliarden pro Jahr Pandemie). 2 Milliarden € kosteten nach Presseberichten die ffp-2 Masken, die kostenlos verteilt wurden.

Und: 0 sollten in der Umwelt landen.

Eigentlich.


 

Meinungsfreiheit & Bodenhaftung

Soweit ich das überschaue, ist unsere evangelische Kirchengemeinde Kleve im Kern ein überschaubares Meinungsbiotop: die meisten finden wohl, dass die Hauptgefahr in der gegen-wärtigen Krise vom Virus ausgeht, und die Regierung so gut es geht, gegensteuert: mit Abstandregelungen, Einschränkungen, etc. Wir finden das schmerzhaft und ermüdend, auch nicht immer gerecht und nachvollziehbar, aber grundsätzlich stimmen wir zu, so dass wir - im großen und ganzen – mitmachen.

Wie gehen wir damit um, wenn wir auf Menschen treffen, vielleicht gute Bekannte, uns grundsätzlich in Sympathie und Wertschätzung verbunden, die das in entscheidenden Punkten anders sehen? Diskutieren wir? Umgehen wir das heikle Thema?

Finden wir, der Andere hat ein Recht auf seine eigene Meinung?

Ab wann erleben wir, dass sich ein notwendiger gemeinsamer Boden von Realitätssinn und gesundem Menschenverstand verliert?

Wenn dieser gemeinsame Boden nicht mehr besteht, fühle ich mich ratlos und besorgt.

Mir fällt auch auf, dass die andere Meinung in dieser Situation ja nicht besagt: du brauchst keine Angst vor dem Virus zu haben; sondern: Du solltest vor etwas ganz anderem Angst haben: nämlich vor verborgenen Strippenziehern, die eigene Interessen verfolgen...

Was aber fast schon wieder lustig ist: mein Glauben - von dem viele Menschen ja sagen würden, dass er dem gesunden Menschenverstand widerspricht – ausgerechnet dieser Glauben hilft mir, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben, auch wenn sie ängstlich und unsicher machen. „Augen a u f und durch“ ist eine Devise, zu der mich auch Jesus Christus ermutigt.

In diesem Sinne grüßt herzlich : Uta Rode


 

Ausflug in die Waschstraße

Haben Sie es auch schon gesehen? An jedem Tag ist Stau an der Waschstraße! Ich komme täglich an der Querallee vorbei und wundere mich: Waschen die Leute jetzt besonders häufig ihr Auto? Ist das eine Auswirkung des lockdowns?

Shoppen geht nicht. Der Baumarkt ist auch zu. Edeka und Aldi sind nach einigen Wochen Konsumverzicht langweilig. Was bleibt? Die Waschstraße, vermute ich. Anders kann ich mir den täglichen Stau dort einfach nicht erklären. Und ich kann es sogar verstehen: Vorwäsche, Schaum, Trocknen – das ist schon ein besonderes Programm…

Es gab zwischendurch immer wieder gut gemeinte Tipps gegen die Langeweile im lockdown: Lesen, Gesellschaftsspiele, Spaziergänge, Kochen, Filmabend. Und neulich hat mir jemand erzählt: „Wir haben jetzt auch ein Netflix-Abo.“ Vielleicht stellt sich in dieser Situation ganz anders und drängender als sonst die Frage, was wir mit unserer Zeit anfangen. Etwas Langeweile ist dabei gar nicht so schlimm. Langeweile bringt uns Menschen auf neue Ideen und setzt Kreativität frei. Und vielleicht ist ja diese Zeit gar nicht nur schlimm, sondern für manche sogar ein guter Anstoß, anzugehen, was liegen geblieben ist (Keller aufräumen, Garten pflegen…) oder immer schon Idee war. Das wäre dann gut – auf jeden Fall mehr und besser als Vorwäsche, Schaum, Trocknen...

Georg Freuling


 

Shalom!

Am Sonntag habe ich im Fernsehen die Auftaktveranstaltung zum Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gesehen. Besonders interessant fand ich das Gespräch mit Frau Reker, die über ihre Eltern sprach, die in ihren Augen das NS-Regime mit ermöglicht haben. Das fand ich sehr mutig und ehrlich.

Mich hat das erneut zu der immer wieder notwendigen Frage angestoßen, inwiefern wir uns - jenseits persönlicher Schuld - verantwortlich fühlen.

Es gab auch Gespräche mit jüdischen jungen Erwachsenen. Sie wünschten sich, in ihrer jüdischen Identität wahrgenommen zu werden u n d selbstverständlich dazuzugehören.

Das hat mich deswegen angesprochen, weil es so ein basaler Wunsch in unserem Zusammenleben ist: wir alle wollen in unserer Besonderheit gesehen werden und mit dieser Besonderheit dazugehören.

Abends habe ich in der mediathek „Herr Kästner und der kleine Dienstag“ gesehen; ein berührender Film über den Versuch, unter der Herrschaft von Unrecht und Gewalt liebevolle Beziehungen, Verantwortung und Freiheit aufrechtzuerhalten. Sehr bewegend.

Noch zu sehen bis zum 28.2., eine Empfehlung von Ihrer Gemeinde-Bloggerin ;-)

Es erweitert mein etwas ermattetes und auf corona verengtes Innenleben, wenn ich für dieses Jahr auch neugierig geworden bin auf alles, was es in dieser Richtung zu erinnern, auszutauschen und zu Herzen zu nehmen gilt.

Es grüßt herzlich: Uta Rode


 

Spenden? - Spenden!

Wir hätten gesammelt…

für die Bahnhofsmission,
für bedürftige Familien,
für das heilpädagogische Zentrum Pskow in Russland.

All das im Februar, aber seit dem lockdown sind zahlreiche weitere Kollekten ausgefallen.

An der Spendenbereitschaft liegt es nicht: Trotz oder gerade wegen Corona war das Spendenaufkommen hoch – 5,4 Milliarden Euro wurden 2020 an gemeinnützige Organisationen gespendet. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 2005. Die Kehrseite dieses Ergebnisses: Die Zahl der Spenderinnen und Spender nimmt weiter ab.

Der Klingelbeutel bleibt allerdings vorläufig im Schrank und damit der Verlierer – da bleibt es bei einem gehörigen Rückgang, auch wenn wir mit vielen anderen auf unserer Homepage für Online-Kollekten werben.

Merkwürdig: Schon vor der Pandemie waren alternative Formen der Kollekte immer wieder mal im Gespräch – Kollektenbons oder digitale Kollekte. Ich vermute, der gute, alte Klingelbeutel wird’s überleben und nach dem lockdown sein Comeback feiern: Wir reichen ihn durch die Reihe, geben ihn weiter und verbünden uns dabei, um etwas Gutes zu tun. Darin ist er unübertroffen, weil wir nicht nur mit dem Kopf, sondern auch gerne mit dem Herzen geben. Und bis es so weit ist – spenden Sie gerne online.

Georg Freuling


Danke für die Grüße, liebe Konfigruppe!

Was uns über die Generationen hinweg verbindet, ist zur Zeit der Wunsch nach unbekümmerter Freiheit. Vielleicht tröstet es Euch ein wenig, dass u n s  A l l e n das Unbeschwerte so sehr fehlt!?

Bleibt zuversichtlich! Es wird in diesem Jahr besser werden.

Aus dem Presbyterium, von Angelika Nikolaus.

 

Liebe Konfis,

wenn wir uns auch weitgehend unbekannt sind: ich habe mich sehr über Eure Grüße und guten Wünsche gefreut!

Eure Konfi-Zeit ist ja nun auch sehr besonders: eingeschränkt, aber bestimmt auch immer wieder mit ganz besonderen Erfahrungen verbunden; manche ereignen sich trotz der Einschränkungen, manche vielleicht genau erst durch die besondere Situation... Solche bewegenden Erfahrungen wünsche ich Euch sehr, haltet durch, Ihr seid begleitet!

Mit herzlichen Grüßen: Uta Rode
[Anwärterin fürs Prädikantenamt: wenn Euch das rätselhaft ist: lasst es Euch erklären ;-)]

 

Liebe Konfis,

danke für eure guten Wünsche. Ich wünsch auch euch: Haltet die Ohren steif, wie man im Norden sagt; auch wenn das unter Corona-Schutz-Maske und dicker Wintermütze kaum zu sehen sein wird. Ich grüße euch. (Matthias Hartnack)


Grüße von den Konfis

Trotz Corona und lockdown - die Konfi-Zeit fällt nicht aus. 40 Jugendliche bereiten sich auf ihre Konfirmation vor – in vier kleinen Gruppen, damit die Abstände stimmen. Doch seit den Herbstferien können wir uns nicht mehr in der Gemeinde treffen; die Konfi-Dienstage finden wie Schule am Computer statt.

Und heute grüßt Sie und Euch eine unserer Konfi-Gruppen: Alina, Adrian, Maike, Tania, Linus, Naja, Lina, Mika und Joelina. Ihre Grüße und Wünsche:

„Liebe Gemeinde, bleibt alle gesund!“

„Bleibt trotz allem fröhlich!“

„Bleibt gesund.“

„Lassen Sie sich nicht unterkriegen!“

„Alles Gute!“

„Bleiben Sie gesund und glücklich!“

„Bleibt alle stark; wir werden es bald geschafft haben!“

„Verlieren Sie nicht die Hoffnung und den Mut.“


 

Fremde

oder: wer gefährdet das Zuhause?

 

Manche blog-LeserInnen werden es wissen: am Wochende habe ich in der online-Andacht über Rut nachgedacht. Es ist (u.a.) eine Geschichte über Migration und Integration.

Das hat mich angestoßen, noch weiter über unser Verhältnis heute zu Fremden nachzudenken.

Wir wissen, dass zur Zeit im Ersatzlager für das abgebrannte Moria über 7000 Menschen in Kälte, Nässe und unter völlig ungenügenden Hygienebedingungen leben und leiden. Die Richtung europäischen Nachdenkens heißt: sich diese Menschen vom Halse zu halten. Da scheinen sich auch alle einig zu sein. Schon bisher wird Seenotrettung unterlassen und sogar geächtet, an den Außengrenzen der EU kommt Waffengewalt zum Einsatz. Und es wird weiter gehen: Der Plan der EU-Kommision, der unter deutscher Leitung im September 2020 vorgelegt wurde, sieht weitere Abwehrmaßnahmen vor.

Mich hat es schon in der Vergangenheit immer wieder fassungslos gemacht, dass sinkende Zahlen von Schutzsuchenden bei uns als positive Meldung verkauft werden, obwohl das nichts anderes belegt, als dass es uns besser gelingt, uns vor Verantwortung zu drücken.

Aber erleben wir Verantwortung? Was erleben wir überhaupt? Klar, in erster Linie unsere eigenen Sorgen, das ist legitim; aber offensichtlich auch einiges an Gefühlskälte.

Wenn wir hinschauen, erleben wir den Konflikt zwischen eventuellem Mitgefühl (doch, haben grundsätzlich die meisten Menschen) und Abgrenzungsbedürfnissen, bzw. Hilflosigkeit. Diesen unangenehmen, weil spannungsvollen Zustand beenden wir meist mit Weggucken.

Dazu gibt es Alternativen. Die sind allerdings mühsam.

Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: ich befürchte, dass unsere Heimat Europa, die doch auch eine Art geistiges Zuhause ist, durch die Aushöhlung von grundlegenden Werten gefährdet wird; mehr gefährdet als durch die Menschen, die vor Gewalt, Hunger und Perspektivlosigkeit fliehen.

 

Trotz allem: guten Mutes bleiben, wünscht Uta Rode

 

PS: Die Hintergrundinformationen habe ich von Pro Asyl, dort können wir auch dazu beitragen, dass unser Zuhause Europa nicht zum stacheldrahtbewehrten Hochsicherheitstrakt verkommt.

 

Pandemie – das Spiel

Vor einem Jahr haben wir uns über den Jahreswechsel mit der Familie getroffen. Wir haben – Kinder und Erwachsene – viel gespielt. Eines der Spiele hieß „Pandemie.“ Damit haben wir uns die Zeit vertrieben ohne jede Ahnung, was sich gerade in Wuhan zusammenbraute.

Das ist kein schlechter Witz! Das Spiel gibt es wirklich, und wir haben es gespielt. Es ist ein Strategiespiel, bei dem alle Spieler als Forscher, Logistiker oder Sanitäter gemeinsam versuchen, eine Pandemie einzudämmen. Das ist gar nicht so einfach – wir haben es nicht geschafft. Nicht nur wir am Silvesterabend. „Wir haben es noch nie geschafft!“ hat mein Neffe damals etwas frustriert gesagt.

Nein – ich bin nicht abergläubisch und sehe keinen Zusammenhang zu Corona. Unheimlich finde ich aber doch, wie der Wettlauf gegen die Pandemie Wirklichkeit geworden ist. Und passend finde ich, dass die Spieler die Pandemie nur gemeinsam eindämmen können – das ist in der Realität auch so, und nach wie vor gilt „gemeinsam gegen Corona.“

Im Spiel hätten wir schon längst verloren, weil das Virus sich auf allen Kontinenten verbreitet hat. Aber frustriert zusammenpacken geht in der Realität nicht, auch wenn vielen danach ist: Impfstoff da, Mutation auch, lockdown wieder mal verlängert – diesmal bis zum 14. Februar. Das ist schon frustrierend. Aber wir haben Möglichkeiten, uns und andere zu schützen. Und dass die Pandemie uns viel Geduld abverlangt, hat auch eine positive Seite: Wie stehen nicht wie im Spiel unter Zeitdruck, wir können uns den langen Atem leisten, weil mit jeder Impfung die Überwindung der Pandemie näher rückt. Und ich bin guter Dinge, dass wir am Ende dieses Jahres sagen: „Das haben wir geschafft.“


 

Und die Moral von der Geschicht'?

Mit der Moral ist das so eine Geschichte...

Auf der einen Seite haben wir den Eindruck, dass sie mehr und mehr verfällt, aber so ganz sympathisch ist uns der Begriff trotzdem nicht, oder? MORAL; das klingt irgendwie freudlos und etwas säuerlich.

Dabei sind wir ChristInnen doch Fachleute für Moral.

Wir hauen einen Bibelspruch raus und finden, alles ist gesagt. Oder, was mir in Gesprächen auch begegnet: „Die Amerikaner...“, wahlweise: „Die Ostdeutschen...“ mit anschliessender Erklärung, warum sie leider so sind. „Alles Cowboys, schon von der Geschichte her...“. Bzw.: “Alle frustriert, schon von ihrer Geschichte her...“.

Interessant wird es doch erst da, wo wir auch in unserem Nahfeld die Cowboys und Ossis entdecken; ganz nah und ganz interessant wird es, wenn wir sie in uns selbst sehen können. Haben Sie nicht gelegentlich den Impuls, einfach mal um sich zu schießen, damit Ruhe im Karton ist? Oder gekränkt zu sein, weil Ihre persönliche Geschichte und Ihre persönlichen Werte nicht so gewürdigt werden, wie Sie sich das wünschen? Ich schon.

Sie und ich reißen uns im Großen und Ganzen noch zusammen. Das Internet verführt viele dazu, das nicht mehr zu tun. Deswegen finde ich es gut, wenn jetzt der Umgangston im Netz reguliert wird. Selbst wenn die Vokabel dafür „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ ist! Ein großer Teil unserer Kommunikation, Gruppendynamik und Regulierung von Zugehörigkeit findet virtuell statt. Es wird Zeit, dass es dafür eindeutigere Regeln gibt. Wir hatten es hier im blog schon mal mit der Freundlichkeit auf Distanz. Es ist ja schon viel gewonnen, wenn es fair und wahrhaftig zugeht. Wir hatten es auch schon mit den konzentrischen Kreisen: die passen hierhin, weil die interessanten Veränderungen bei uns selbst anfangen und von da in die Umgebung gehen.

Wir wünschen Gesundheit und Zuversicht für das Neue Jahr,
wir begleiten gerne weiter
und wie immer freuen wir uns über Resonanz, Anregung, Beteiligung, zur Not auch Kritik ;-)

Uta Rode


 

Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben. (Die Bibel - Sprüche 14,34)


 

Adé Auferstehungskirche!

Adé heisst „à dieu“, so etwa: Gott befohlen! Wir haben uns von der Auferstehungskirche verabschiedet – den Umständen entsprechend virtuell, aber ich fand den Entwidmungsgottesdienst trotzdem sehr bewegend. . Von den ersten Gedanken an eine notwendige Trennung bis heute, Dezember 2020, war es ein langwieriger Weg. Viele Gedanken, Emotionen und Auseinandersetzungen liegen hinter uns. Wenn „Trauerarbeit“ einen guten Verlauf nimmt, mischt sich in die traurigen, vielleicht auch bitteren Gefühle allmählich und zunehmend Dankbarkeit für das, was gewesen ist.

Nur einige wenige Erinnerungspuzzleteile von mir: meine ersten Kontakte zur evanglischen Gemeinde vor der unglaublichen Zeitspanne von etwa 30 Jahren waren der Chor und damit die Versöhnungskirche. Als ich dann derart in der Gemeinde „andockte“, dass ich das Presbyterium mitwählen wollte, stellte ich fest, dass ich mit meinem Wohnort am Forstgarten zum 2. Bezirk gehöre. Als nächstes fragte Achim Rohländer, ob ich mich nicht selbst zur Wahl stellen wollte. Damit war ich dann als Presbyterin mit Kellen verbunden; einige Jahre sammelten sich die Kellener PresbyterInnen samt Partner bei Ilke und Achim alljährlich zum Raclette. Dank für Gastfreundschaft und Geselligkeit!

Unser Sohn Stefan wurde zum Konfirmandenunterricht eingeladen und es sprang dann der Funken über, so dass Taufe und Konfirmation eng aufeinander folgten. Auch dafür Dank!

Während manchem „Auf und Ab“ von Predigten folgten meine Augen den Bergen und Tälern, den jähen Vorsprüngen und Abgründen der einzigartigen Rückwand der Auferstehungskirche.

2012 habe ich mit meinem Presbyterkollegen Gerd-Udo Neuenfeld „Notgottesdienste“ gefeiert, als Achim kurzfristig nach seinem Herzen schauen musste. Meine ersten Erfahrungen, gemeinsam mit meiner Gemeinde, aber in einer neuen Rolle Gottesdienste zu feiern, sind also auch eng an die Auferstehungskirche gebunden.

In Dankbarkeit für alle Erfahrungen, die hier ihren Ort und ihre Zeit hatten,

grüßt zum Jahresausklang herzlich

Uta Rode


 

„Fürchtet Euch nicht!“

Utopie und Verheissung

Schade, aber natürlich ist es vernünftig und verantwortungsvoll, keine präsenten Gottesdienste zu feiern. Viele evangelische Presbyterien im Rheinland haben das ähnlich entschieden.

Aber wie immer: wir versuchen, das Beste draus zu machen.

Worüber hätte ich in der Christvesper gerne gesprochen, worüber habe ich in den letzen Wochen nachgedacht?

Ich hätte Euch in der Heiligabendvesper gefragt, wovon Ihr träumt - wovon wir vielleicht auch gemeinsam träumen. „Große Träume“ von einer besseren Welt nennen wir auch Utopie.

Die Bibel nennt sie Verheißung; ähnliche Überschriften, aber eben nicht das gleiche – ich komme darauf zurück.

 

Der Predigttext steht bei Jesaja, und am besten lest Ihr ihn nach: Jesaja 11, 1-9

Er hat zwei Hauptgedanken:

Er spricht davon, wie das Wirken des Heiligen Geistes eine neue Welt möglich macht. Diese Beschreibung der Neuen Welt müsst Ihr unbedingt lesen: der Löwe liegt beim Lamm, das Rind frisst Häcksel und das Menschenkind spielt mit Otter und Natter …

Vor meinem inneren Augen entstehen Bilder vom Paradies …
Der Mensch ist versöhnt: mit Gott, mit dem Mitmenschen, mit der Natur und mit sich selbst.
Davon können wir ja wohl nur träumen! Oder ist es mehr als das?

Jesaja hat mit seiner Vision den Menschen seiner Zeit Mut gemacht: so kann es werden, wenn Gottes Heiliger Geist wirkt. Das mutet utopisch an.

Wenn es eine Verheißung ist, was ist dann der Unterschied?

„Utopie“ heißt buchstäblich: kein Ort. Sie bleibt also in der Schwebe und gibt nur eine Richtung vor. Immerhin!

Aber: und damit kommen wir zur Weihnachtsgeschichte: die Heilung der Welt hat einen Ort bekommen! Gott kommt mitten in den Schmutz, in die Dunkelheit und Enge unserer menschlichen Verhältnisse; hinein in unsere Unsicherheit.

„Kindlein“ als Zuspruch verstehen wir intuitiv: wir beugen uns über den Kinderwagen und sind entzückt und fühlen uns geehrt, wenn das Baby uns anlächelt. Jetzt denkt Euch: Krippe statt Kinderwagen. Es funktioniert sozusagen im Kleinen, was in der Heiligen Nacht im Umfassenden geschieht. Gott wird Menschenkind, damit wir Gotteskinder werden. Mit diesem Kind können wir neu anfangen. Immer wieder, wenn's nötig ist.

Weil das so ist, brauchen wir uns nicht zu fürchten.
In schwierigen Zeiten passen wir aufeinander auf und sind besonnen,
aber wir sollen uns nicht fürchten!

Ich wünsche Euch ein gesegnetes Weihnachtsfest,

Uta Rode


 

Verbunden bleiben

Am Sonntagmorgen, den 3. Advent ging ich schon fast davon aus, dass es keine Weihnachtsgottesdienste geben wird.

Sicher weiß ich es noch nicht, aber wenn sie statt finden, dann mit Auflagen. Aber das kennen wir ja schon.

Ich weiß, dass für manche Menschen der Gottesdienst trotz der Sicherheitsmaßnahmen „unheimlich“ bleibt; sie sagen: lieber nicht. Und für Andere verändern die Einschränkungen den Gottesdienst so sehr, dass sie deshalb sagen: lieber nicht. Beides ist verständlich, um nicht zu sagen: legitim.

Wie schon am Anfang des blogs denke an das babylonische Exil des Volkes Israel. Was wird aus unserem Glauben, wenn wir uns nicht mehr im Tempel versammeln können?

Das Volk Israel hat erfahren, dass nicht das Dach des Tempels, sondern das Wort Gottes und der Geist Gottes die Mitte ihrer Gemeinschaft ist. Die Religion entwickelte sich im Exil weiter.

Unser Tempel ist nicht zerstört. Gott sei Dank, die Versöhnungskirche ist bereit für die Weihnachtsgottesdienste. Ich bin dankbar, wenn wir sie dort, in Kellen und in der Kleinen Kirche feiern können.

Aber ähnlich wie damals Israel in Babylon, realisieren wir vielleicht auch, dass die Treffen im Tempel, in der Kirche noch nicht der eigentliche Kern der Begegnung mit Gott und untereinander ist.

Wir brauchen das Kirchendach, weil wir aus Fleisch und Blut sind. Aber etwas sehr Wesentliches von uns trifft sich über die irdische Begegnung hinaus, sozusagen „im Überirdischen“. Dieses Überirdische kann verschiedene Formen annehmen: wir begegnen uns, wenn wir füreinander beten; wenn wir überlegen, wer sich über einen Anruf von uns, einen Gruß oder eine e-mail freut; und selbst dann, wenn wir uns in virtuellen Räumen treffen. Das geschieht nicht zwangläufig, aber vielleicht wird es uns – gelegentlich, immer mal wieder - geschenkt.

Solche überirdischen Geschenke gerade zur Weihnachtszeit wünscht Ihnen von Herzen: Uta Rode


 

Leer

Der verlassenen Forstgarten: ich bleibe ein paar Minuten stehen, nachdem ich das Bild gemacht habe. Der Ort erzählt – in jahreszeitlicher Reihenfolge: vom ökumenischen Forstgartengottesdienst, vom Klaviersommer und vom Weihnachtsmarkt.

Diese Veranstaltungen finden in diesem Jahr nicht statt, weil sie nicht systemrelevant sind.

Nun mag der Eine oder die Andere bezweifeln, ob Gottesdienst mit Picknickcharakter, Chopin mit Verkehrsrauschen im Hintergrund und Teepunsch unter LED-Weihnachtssternen unverzichtbar sind. Einverstanden. Aber sie stehen für etwas, das ich tatsächlich für unverzichtbar halte: für eine besondere Art von gemeinschaftlichem Erleben. Ja, auch bei einer solchen Feier geht in jedem Menschen das höchst Eigene vor; aber es gibt auch eine gemeinsame Gestimmtheit beim Feiern und beim Erleben der Musik. Ich befürchte, dass ohne ein solches Erleben eine Gemeinschaft auseinander fällt.

Vielleicht mögen Sie, mögt Ihr einen Moment dem Gedanken nachhängen, was unverzichtbar an dem ist, was nicht „systemrelevant“ ist.

Es grüßt herzlich, Uta Rode


Große Umräumaktion fast abgeschlossen

Fast zwei Jahre waren die Gegenstände aus dem alten Gemeindehaus und dem Effa in der Versöhnungskirche gelagert. Jetzt wurden sie in einer großen Umräumaktion wieder aus der Kirche entfernt und in die neuen Räume des Gemeindezentrum gebracht. Das Um- und Einräumen der Küchensachen aus beiden Küchen - Auferstehungs- und Versöhnungskirche - in die neue Küche wurde ebenfalls erledigt. Das weitere Ausräumen der Sachen aus Kellen wurde von Pfarrern, weiteren Presbytern und Helfern organisiert und durchgeführt. Ihnen allen gebührt der Dank der Gemeindemitglieder.

Wie die Kirche jetzt aussieht, kann man - nach Voranmeldung - an den Weihnachtstagen und danach wieder erleben.


Zurück in die Zukunft??

 

Die Überschrift (wie der gleichnamige Film ohne Fragezeichen) spielt mit der Zeit und der Eindeutigkeit ihrer Richtung.

Im Moment fühle ich mich mit herbstlichen Vorzeichen ins Frühjahr zurückversetzt, als wir das erste Mal überlegt haben, wie Solidarität und Kontaktvermeidung zusammenpassen. Der Widerspruch ruhte einige Sommerwochen, jetzt tritt er uns wieder mit aller Macht entgegen.

Damals begann dieser blog mit der Frage, ob und was wir vielleicht aus der Krise für die Zukunft lernen können. Wir hören aber auch, dass Menschen „zurück in die Normalität“ wollen.

Die Frage nach dem Nutzen der Krise klingt mittlerweile schon etwas schal und abgestanden, so oft ist sie in diesen Monaten bemüht worden. Einen fragwürdigen Geschmack hat sie auch deswegen, weil die Pandemie u n d die Versuche, ihrer Herr zu werden, so viel Leid über Menschen gebracht haben, dass es mir intuitiv widerstrebt, sozusagen aus Sch..... Gold zu machen.

Loslassen kann ich die Frage nach der Chance trotzdem nicht.

In ähnlicher Richtung frage ich mich immer mal wieder, welche Rolle die Kirche in dieser Situation übernimmt. Als Kirche haben wir „brav“ alle Empfehlungen und Regelungen übernommen und weitergegeben. Das ist auch richtig.

Aber vielleicht könnte es trotzdem zu wenig sein, nur ein funktionierendes Rad im allgemeinen Anti-Pandemie-Konzept zu sein? Wenn ja, was könnte das „mehr als das“ dann sein?

Die Botschaft des Evangeliums ist, dass Gottes Geist uns verändern will und kann.

Und ganz schlicht gesagt: dass es hinterher nicht mehr ist wie vorher!

Wenn unsere Kirche, wenn wir das in die Welt tragen, müsste es gerade heute hilfreich, um nicht zu sagen: erhellend sein.

Einen großen Vorteil hat der Verkünder dieser Botschaft: er/sie ist nicht darauf angewiesen, in 4 Jahren wieder gewählt zu werden.

 

Es grüßt herzlich, Uta Rode


 

Tür, nicht Fenster

Ich habe mich in den letzten Monaten dran gewöhnt, mit Menschen über den Bildschirm zu kommunizieren. Manchmal wackelt das Bild, manchmal versagt der Ton, aber alles in allem: Es funktioniert. Und das ist viel wert jetzt, da wir wieder unsere Kontakte reduzieren müssen. Die Alternative wäre Telefon – ohne Bild. Oder gar nicht kommunizieren – was nur dann sinnvoll ist, wenn es nichts zu kommunizieren gibt.

Trotzdem fehlt etwas. Eine meiner Konfirmandinnen hat es nach einem Konfi-Dienstag per Videokonferenz so gesagt: „Es geht schon, aber schöner ist es, wenn wir uns sehen.“ Der direkte Kontakt, die Begegnung ohne Bildschirm dazwischen fehlt. Wir Menschen sind und bleiben analog, auch wenn wir digitale Möglichkeiten nutzen. Wir sehnen uns nach leibhaftiger Begegnung. Und echte Freunde sind etwas ganz anderes als digitale auf facebook. Das meist genutzte Betriebssystem ist Windows. Vielleicht wird dadurch deutlich, was Jesus meint, wenn er sagt „Ich bin die Tür!“ - echte, unmittelbare Begegnung. Er sagt eben nicht „Ich bin das Fenster.“

Trotzdem müssen wir uns zur Zeit einschränken – die Tatsache, dass wir analoge Wesen sind, macht uns anfällig für das Virus. Trotzdem können wir dem Virus digital ein Schnippchen schlagen und Kontakt suchen. Auch per Videokonferenz, auch in unserer Kirchengemeinde. Darüber wollen wir verstärkt nachdenken. Wer Interesse hat, kann sich gerne per Email bei mir melden (georg.freuling@ekir.de) und auch seine Ideen (z.B. digitaler Bibel- oder anderer Gesprächskreis zu Lebens- und Glaubensfragen) mitteilen. Ich bin neugierig…

Georg Freuling


Auf eigenen Füssen

Vor einer Woche haben wir angespannt den Wahlkrimi in Amerika verfolgt. Auch auf dieser Seite.

Viele von uns sind nun erleichtert; das Schlimmste scheint abgewendet. Bleibt nur noch die Frage, von wie vielen Schlammschlachten der Übergang begleitet wird.

Warum trifft es uns eigentlich so, was jenseits des großen Teichs passiert?

Ja, weil das, was in Amerika geschieht, Auswirkungen auf die Welt hat, und weil wir befürchten, dass Entwicklungen in Amerika immer auch Nachahmung in Europa und Deutschland findet. In verschiedenen Schattierungen erleben wir die selbstverliebten Autokraten ja schon.

Mich beschäftigt noch etwas anderes: ich selbst bin in den 60-ern und 70-ern aufgewachsen, mit Erzählungen von der Luftbrücke und von amerikanischen Soldaten, die Schokolade und Kaugummis verteilen; noch wichtiger: von Befreiung war die Rede.

In meiner kindlichen Vorstellungswelt waren die Amerikaner „die Guten“, eine Art großer Bruder, wie ich ihn mir manchmal wünschte. Er befreit, beschützt und gibt Orientierung. Seit einiger Zeit entfremdet sich der große Bruder, und das schmerzt. Dabei gibt es Unterschiede nicht erst seit vier Jahren. Sie werden in den nächsten Jahren hoffentlich weniger krass sein, aber sie existieren auch unter einem neuen Präsidenten. Die Herausforderung besteht darin, Unterschiede ehrlich wahrzunehmen und zum eigenen Profil zu stehen. Auch wenn wir vielleicht als „old europe“ angesehen und belächelt werden.

Aber dann kann es weiter gehen wie im persönlichen Bereich, wenn es Differenzen gibt: wir können an der Beziehung arbeiten. Wenn es gut geht, reifen beide Seiten daran.

Das wäre dann auch gut für die Welt.

Ich grüße Sie herzlich, Uta Rode


Es wird regiert!

Wisconsin? Michigan? Nevada? Georgia? Pennsylvania?

Die Auszählung der Stimmen bei den US-Wahlen läuft noch und raubt mir gerade den letzten Nerv. Wen ich mir als neuen US-Präsidenten wünsche? Könnt Ihr Euch denken… Warum mich das so aufregt? Ganz einfach: Die Rolle der USA in der Welt ist einfach zu groß, als dass es uns gleichgültig sein könnte, finde ich. Und diese Welt steht ja ohnehin schon Kopf und scheint aus den Fugen zu geraten.

Es gibt einen Gedanken, eine Hoffnung, die ich beruhigend finde: Es wird regiert. Und die Regie haben nicht Menschen, sondern Gott. Kurz vor seinem Tod 1968 – auch eine unruhige Zeit – hat es der Theologe Karl Barth so auf den Punkt gebracht: „Ja, die Welt ist dunkel. Nur ja die Ohren nicht hängen lassen! Nie! Denn es wird regiert, nicht nur in Moskau oder in Washington oder in Peking, aber ganz von oben, vom Himmel her. Gott sitzt im Regimente. Darum fürchte ich mich nicht. Bleiben wir doch zuversichtlich auch in den dunkelsten Augenblicken! Lassen wir die Hoffnung nicht sinken, die Hoffnung für alle Menschen, für die ganze Völkerwelt! Gott lässt uns nicht fallen, keinen einzigen von uns und uns alle miteinander nicht! Es wird regiert!“


Ansteckungsgefahr!

Vor einigen Wochen haben wir noch überlegt, ob wir unseren blog nicht endlich umtaufen sollten; mittlerweile kennt fast jeder einen Menschen aus dem eigenen Umfeld, der in Quarantäne ist. Wir sind wieder zu Laien-Virologen geworden.

Wir haben von allem möglichen eine Ahnung. Frei nach Hüsch: „Der Niederrheiner weiß nix , kann aber alles erklären.“ So wissen wir Bescheid über den berühmten R-Wert, die Größe, die die Ansteckungsgefahr eines Erregers beschreibt. Zur Zeit stecken 10 Menschen 14 andere an. Das ist bedrohlich – aber ohne Gegenmaßnahmen hätte covid eine Ansteckungsgefahr von 6 oder 7, dann wäre Deutschland in ungefähr 2 Monaten vollständig „durchseucht“.

Ich stelle mir vor: wir wäre das, wenn eine wirklich gute Idee in ähnlicher Weise ansteckend wäre... Vorschläge dafür hätte ich : mehr Zeit für Wesentliches statt Konsum, Solidarität und Freundlichkeit, ein Konzept, wie eine Volkswirtschaft ohne die Zwangsläufigkeit ständigen Wachstums funktionieren könnte. Und, und, und...

Im Internet vermehren sich clips und Bildchen mit enormer Virulenz. Aber auch gute Ideen haben sich in der Geschichte der Menschheit schon durchsetzen können. Die Preisfrage ist ja, wie gute Ideen zu „durchschlagenden“ Ideen werden. Was brauchen gute Ideen, um auch erfolgreich zu sein?

Da es sich in meinem Gedankenspiel um Ideen handelt, braucht es meiner Überzeugung nach eine „geistige Quelle“.

Und die Folgerichtigkeit der Ansteckung: 10 Menschen, die von einer guten Idee überzeugt sind, stecken in einer Woche 14 andere an, nach 2 Wochen sind es schon fast 20...

Wäre doch großartig, oder?!


Ein Licht am Ende des Tunnels!

Kennen Sie auch jemanden, der sich gerade in Corona-Quarantäne befindet? Ich kenne an diesem Wochenende sogar drei!

Was für eine Situation: allein, kein Kontakt zu anderen Menschen, nicht die Wohnung verlassen dürfen, warten und banges Hoffen auf einen negativen Virustest – wie bedrückend mag das für den Betroffenen sein…

Zum Glück gibt es oft Angehörige oder besorgte Nachbarn, die helfend zur Seite stehen. Einkäufe erledigen. Oder auch nur ein paar freundliche Worte finden.

Mein Vorschlag: Seien Sie das Licht am Ende des Tunnels! Nichts Großartiges, nur eine kleine Geste reicht…

Ich habe etwas vorbereitet, das prima in diese trübe Herbstzeit passt. Schenken Sie ein Rundum-Paket für eine halbe Stunde Geborgenheit. Wie das geht? Ganz einfach – Sie benötigen nur einen knackigen, rotbackigen Apfel (ich habe einen vom Apfelbaum vor unserer Kleinen Kirche genommen, den Manfred Lichtenberger am Tag des letzten prophezeiten Weltuntergangs gepflanzt hat), einige Walnüsse, Rosinen, einen Teebeutel nach Wahl sowie ein kleines Teelicht.

Drucken Sie die PDF-Anleitung aus (bitte dafür den Link anklicken und unter Downloads nachsehen) und verpacken Sie alles gut in eine Geschenkbox. Stellen Sie das unscheinbare Präsent vor die Tür des Betroffenen und werden Sie das Licht am Ende des Tunnels!

Hierzu passt übrigens der 23. Psalm „Der Herr ist mein Hirte“ – einer der bekanntesten und beliebtesten Texte der Bibel. Viele Konfirmanden lernen ihn auswendig. Der Psalm spricht von Gott, der sich wie ein Hirte um das Wohl seiner Schafe kümmert: „… Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“

Es grüßt Sie herzlich

Ihr Heiko Buff


Lesen liegt im Trend

In dieser Woche findet die Frankfurter Buchmesse statt. Anders als gewohnt: Publikum vor Ort wird es nicht geben, dafür viele digitale Veranstaltungen. Und der Kontakt zwischen Autorinnen, Lesern und Verlagen wird sehr fehlen, sagt einer der Veranstalter. Trotzdem gibt es eine gute Nachricht: Lesen liegt im Trend. Nach dem Markforschungsinstitut GfK nahm der Griff zum Buch um 12% in der Krise zu, in der Altersgruppe zwischen zehn und 19 Jahren fällt der Anstieg noch höher aus: Fast ein Drittel lesen häufiger als vor der Pandemie.

Wie schön, denke ich. Wer liest, entdeckt neue Welten – ganz ohne Reisen, die gerade wieder eingeschränkt werden. Wer beim Lesen seinem Alltag entflieht, bleibt frei trotz aller Einschränkungen, auf die wir zur Zeit nicht verzichten können. Und ich bin mir sicher: Das ein oder andere gute Buch auf dem Sofa, dazu eine Tasse Tee – das kann uns helfen, gut durch den Corona-Herbst zu kommen.

A...,B...,C...

 

Erst sollte der blog „Kerzen und Rosen“ heißen; dann kam mir das unangemessen romantisch vor. Warum er jetzt A...B...C... heißt, erfahrt Ihr am Ende.

Letzte Woche haben wir unsere deutsche Einheit gefeiert.

Wir haben feierliche Worte und einiges an Selbstbeweihräucherung gehört.

Ein paar Worte haben auch an die Menschen erinnert, die friedlich mit Kerzen, aber mutig und hartnäckig auf ihr Ziel, die Befreiung von Unterdrückung und Diktatur, hingearbeitet haben. Wir verdanken ihnen viel.

Wenn ich an diese Menschen mit ihren Kerzen denke, wandern meine Gedanken zu den mutigen Frauen in Belarus mit ihren bunten Kleidern und Rosen. Mit ihnen fing es an. Auch jetzt am Wochenende waren wieder viele Menschen auf den Strassen von Minsk unterwegs, Frauen und Männer, um für Freiheit und Selbstbestimmung zu demonstrieren. Mittlerweile habe ich mehr Trommeln als Blumen gesehen.

Ich finde sie bewundernswert. Ich selber falle um, wenn ich geimpft werde und fluche laut, wenn mich ein unschuldiges Tischbein stösst. Ich würde nicht hoch darauf wetten, wozu ich unter Androhung körperlicher Gewalt noch stehen würde. Die Menschen, die in Belarus auf die Strasse gehen, lassen sich von brutaler Staatsgewalt nicht einschüchtern.

Mit meinen Schlussfolgerungen wiederhole ich mich zwar, das macht aber nichts: es ist sowohl ein großes Geschenk als auch von mutigen Menschen errungen, dass wir in Rechtssicherheit und Meinungsfreiheit leben. Ja, auch wenn jedeR von uns eine Handvoll Themen aufzählen kann, wo es „suboptimal“ läuft.

Was man lange sein eigen nennt, nimmt man leicht für selbstverständlich oder noch schlimmer: fängt an, daran herum zu nörgeln.

Das sollten die Kerzen und Rosen der ersten Überschrift sagen: keine unserer Freiheiten ist selbstverständlich oder fraglos gesichert! Sie brauchen – zweite Überschrift - unsere Aufmerksamkeit, Beteiligung und notfalls auch Courage.

Das war Uta Rodes A,B,C;

zu A-Z fällt mir nur ein: Zynismus hilft gar nicht!


STEUER KANNSTE DIR SPAR‘N?

… steht auf der Rückseite des Kassenzettels im Discounter. Das T bei Steuer ist etwas größer. Man kann auch „teuer“ lesen. Und ganz bestimmt wird das Unternehmen auf Nachfrage bestreiten, dass man mit diesem Werbegag die Steuermoral untergraben wollte.

Trotzdem finde ich den Werbegag fragwürdig. Klar – gemeint sind die 3%, um die die Mehrwertsteuer zur Zeit reduziert wird. Aber „Steuer kannste Dir spar‘n“ klingt pauschal und spielt darauf an, dass niemand gerne Steuern zahlt. Wer mit vollem Einkaufswagen dann den Laden verlässt, kann sich ins Fäustchen lachen frei nach dem Motto: „Jetzt konnte ich Vater Staat auch mal ein Schnippchen schlagen!“

Warum ich das fragwürdig finde?

Wie viele Menschen kaufen wohl gerade mit ihrem Kurzarbeitergeld ein? Und das finanziert – genau! - „Vater Staat“ mit Steuergeldern. In anderen Ländern, z.B. in den USA sieht es anders aus. Da stehen seit Beginn der Pandemie Menschen, die kurz vorher noch in Lohn und Brot standen, vor den Suppenküchen.

Sozialausgaben, Bildung, Infrastruktur… Es gibt genug Beispiele, die zeigen, wozu wir Steuern zahlen. Und die Krise zeigt uns, dass wir alle als Gesellschaft hierzulande profitieren. Wir können sie uns halt nicht sparen, die Steuern.


Schmetterlinge zählen

Von der Apokalypse war letzte Woche hier die Rede.

Dass wir sie in gigantischen, gruseligen Bildern von den Waldbränden in Kalifornien sehen.

Auch die Bilder von auseinander brechenden Eisbergen beeindrucken mich sehr.

In leiseren Tönen auch bei uns: in der Gemeinde Artern in Thüringen ist seit mehreren Sommern kaum ein Tropfen Regen gefallen, im Jahr 2018 nicht mehr als in der mongolischen Steppe, und wir genießen unsere Sommer mit zunehmend gemischten Gefühlen.

Aber auch: in der Corona-Krise haben Menschen zunehmend die Natur entdeckt : als nicht-bedrohlichen Rückzugsort, aber auch als einen zu schützenden Raum: die Naturschutz-Vereine haben Zulauf, Menschen engagieren sich mehr.

Z.B. indem sie Insekten zählen.

Dafür steht übrigens der Apollofalter über diesem Beitrag: wir sind ZeitgenossInnen des größten Artensterbens seit den Dinosauriern: Insekten vielerlei Art sterben aus, mit ebenfalls dramatischen Folgen für unsere Zukunft.

Ich erlebe mit vielen anderen Menschen den Auftrag, sich zu kümmern, die Bedrohung ernst zu nehmen und ihr entgegenzuwirken. Als Christin erlebe ich aber auch die Erleichterung, mich nicht allein mit meinen menschlichen Begrenzungen dem Unheil entgegenstemmen zu müssen.

Ich kann und will meinen Beitrag leisten, aber ich darf das „Große und Ganze“ in Gottes Hand geben.

Apropos „mein kleiner Beitrag“: vielleicht sehen wir uns am Freitag auf der Fahrraddemo der „fridays for future“ Ortsgruppe Kleve . Ich war seit Jahrzehnten nicht mehr auf der Strasse für meine politische Meinung und habe das dringende Gefühl, das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, es wieder zu tun.

Uta Rode


Apocalypse Now?

An der Westküste der USA brennt der Wald. Die Eisschmelze in der Arktis nimmt gegen Ende des Sommers besorgniserregende Ausmaße an. Und bei uns am Niederrhein werfen die Bäume wegen der Dürre frühzeitig die Blätter ab…

Die Klimakrise findet wieder Aufmerksamkeit – neben Coronakrise, Flüchlingskrise, Wirtschaftskrise… Und manchen drängt sich wahrscheinlich der Eindruck auf, dass es mit dieser Welt den Bach runter geht.

„Apokalypse biblischen Ausmaßes“ – davon sprach in dieser Woche ein Nachrichtensprecher im Zusammenhang mit den Waldbränden in den USA. Das ist angesichts von Krisen und Katastrophen eine beliebte Formulierung. Und dahinter steht die Angst vor dem, was sich übermäßig bedrohlich zeigt, unsere Welt oder – genauer: – unsere Zivilisation bedroht. „Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe…“

Apokalypse bedeutet in der Bibel aber nicht „Schrecken ohne Ende“. Es geht um ein Ende mit Schrecken, das schon, aber damit beginnt Gottes neue Welt. Für die Menschen, an die sich die Apokalypse wie z.B. die Johannesoffenbarung richtete, war das eine hoffnungsvolle Perspektive, unter der sie durchhalten konnten.

Nein, ich möchte das Ende nicht herbeireden. Ich glaube, dass unser Gott diese wunderschöne Welt geschaffen hat und erhält. Deshalb dürfen wir Christinnen und Christen sie auch nicht einfach aufgeben – schlimmstenfalls mit der Haltung „Egal, dann fängt halt Gottes neue Welt an.“  Und was mach ich dann mit der Apokalypse? Ich entnehme ihr nicht die Lust am Untergang, sondern die Hoffnung, dass unser Gott diese Welt in der Hand hält und das letzte Wort hat – egal, was kommt.

Georg Freuling


Wahlfreiheit

Wahlen liegen vor uns: wir wählen BürgermeisterIn, Landrat/-rätin, kommunales und Kreisparlament.

Natürlich wähle ich.

Ehrlich gesagt, kann ich nicht verstehen, wie Menschen aus Trägheit oder Trotz nicht wählen, weil ich für unsere Demokratie, unsere Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit sehr dankbar bin, und das als einen geringen Beitrag dazu betrachte, dass es so bleibt. Es gibt viele Orte auf der Welt, in Europa und in Ansätzen auch schon bei uns, wo wir sehen, wie gefährdet unsere Freiheiten und Sicherheiten sind, wie schnell Ängste geschürt werden können, so dass Menschen das Denken lieber vereinfachen, es denkfaulen „Querdenkern“ überlassen und ein „starker Mann“ Sicherheit suggerieren kann.

Trotz meiner Liebe und Sorge für unsere Demokratie, habe ich so meine spitzen Gedanken im Vorfeld von Wahlen, wenn ich betrachte, wie und mit welchen Versprechungen um unsere Stimme geworben wird:

man will „zusammen mit uns“ etwas bewegen,

will uns zukunftsfähig machen,

uns mit guten Arbeitsbedingungen, die natürlich auch mit Familie vereinbar sind, versorgen.

Wir werden über gute Bildung, bezahlbaren Wohnraum, klimaneutrale Mobilität per Rad und Bahn und schnelle und zuverlässige Digitalisierung verfügen.

Alles wird integriert und vernetzt sein; wir werden kinderfreundlich und/oder mit gestärkter Jugend voran kommen.

Und wir können ganz gelassen dem Wahlergebnis entgegensehen, weil alle Versprechen so wunderbar sind!

Wenn wir uns mit diesen Themen beschäftigen, kann uns das auch zu grundsätzlichen Fragen anstossen: Wie stellen wir uns die Zukunft in 20 Jahren vor? Oder lieber gar nicht?

Wie möchten wir in 20 Jahren leben? Was wäre dafür nötig? Wollen wir uns darüber nicht austauschen?

 

Auch dazu wieder die herzliche Einladung: liebe LeserInnen : was ist Eure/Ihre Meinung dazu?

Oder gibt es Interesse , selber einmal einen blog-Beitrag zu schreiben: Kurz, subjektiv und unvollständig?

Darüber würden wir uns freuen:

Uta Rode uta.rode@ekir.de

Georg Freuling georg.freuling@ekir.de

oder direkt an: kleve@ekir.de


Nicht vergessen!

 

- Waldspaziergang statt Shopping

- alte Kontakte per Email oder Anruf aufleben lassen („Wie geht‘s Euch eigentlich?“)

- gezielt einkaufen („Was brauch ich wirklich?“)

- sich mit der Situation arrangieren („Was nicht geht, geht halt nicht…“)

 

Ein halbes Jahr schon leben wir mit der Pandemie und werden uns in den nächsten Monaten weiter arrangieren müssen. Am Anfang unseres Blogs stand die Idee: „Vielleicht zeigt verändert die Situation unsere Wahrnehmung. Vielleicht gewinnen wir Einsichten, die wichtig sind – auch dann, wenn sich der Alltag wieder normalisiert.“ Unser Blog war weitgehend eine Spurensuche.

 

Die letzten Monate zeigen: Die Pandemie verändert uns und unsere Gesellschaft. Die wichtige, aber schlecht bezahlte Arbeit in der Pflege, an der Supermarktkasse und der Logistik fand neue Aufmerksamkeit. Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie wurden diskutiert. Mit der Aufnahme des Regelbetriebs an den Schulen rückt der Wert der Bildung in den Mittelpunkt. Und wenn in den letzten Monaten Arbeitnehmer von Kurzarbeit und die Wirtschaft von Soforthilfen und Krediten profitiert, dann stellt sich die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit in unserem Land und nach dem handlungsfähigen Staat, den es nun einmal nicht zum Nulltarif gibt…

 

Vielleicht wäre es gut, diese und andere Einsichten festzuhalten, nicht zu vergessen. Und – jetzt wird es interaktiv: Vielleicht haben Sie, habt Ihr ja auch Einsichten gesammelt, die es wert sind, nicht vergessen zu werden! Mailen Sie es mir (Georg.Freuling@ekir.de); ich möchte gerne damit meine Liste ergänzen!

 

Georg Freuling


Tiefenschärfe

Als unsere Sommerpause vor zwei Wochen zu Ende ging, habe ich grundsätzlich über Sinn und Nutzen der Pause nachgedacht. In unterschiedlicher Weise sind die meisten von uns jetzt wieder in ihrem Alltag und Arbeitsgeschehen angekommen.

Was genau ist eigentlich das Gegenteil von Pause? In der Pause sind wir sozusagen auf „unendlich“ eingestellt; die Gedanken schweifen, wenn's gut geht, sind wir kreativ und es tauchen neue Gedanken auf. Vielleicht sind wir aber auch ein bißchen dösig und gelangweilt. Auch das hat seinen Sinn, z.B. zur Erholung.

Jetzt werden wir wieder wach und stellen den Blick wieder scharf; wir haben unsere Aufgaben und größeren und kleineren Projekte. Dabei sind wir oft von unserem Nahbereich ausgelastet.

Zum alltäglichen Nahbereich gehört die Auseinandersetzung mit der Pandemie; entweder sie macht uns Sorgen oder wir kämpfen mit ihren Folgen wie unterschiedlichen und wechselnden Einschränkungen.

Aber auch außerhalb unseres Nahbereich können wir den Blick wieder schärfer einstellen: was sehen wir jenseits des Tellerrandes? Das Elend fliehender Menschen und ihre Suche nach einem sicheren Hafen geht weiter. Nur wenige Rettungsschiffe, darunter die Sea-watch 4 sind unterwegs - Kreuzfahrten hingegen starten wieder …

Kreuzfahrten und unser Lebensstil: die Veränderung unseres Klimas geht weiter, je nach Blickwinkel dramatisch oder eben doch irgendwie unbemerkt.

Corona verändert unsere Gesellschaft. Wir fragen uns: ist Risikominimierung das Allerwichtigste? Gesundheit das einzig hohe Gut? Auch bei diesem Thema stehen unterschiedliche Meinungen im Raum: manche empfinden die gesellschaftlichen Klimaveränderungen als dramatisch, andere passen sich an.

 

Themen zum gemeinsamen Nachdenken ohne Ende! Auch was die Auswahl angeht, freuen wir uns über Ideen und feed-back.

Zur Überschrift von diesem Format steht als Vorschlag „Pausen-blog“ im Raum.

Das hat mir natürlich gefallen, weil ich gerne über die Pause nachgedacht habe. Trotzdem geben wir Spielraum für weitere Ideen.

Wir freuen uns über Meinungen, Vorschläge, Kritik und Anregungen. Gerne wieder an: uta.rode@ekir.de und georg.freuling@ekir.de

 

es grüßt: Uta Rode


 

Ein Gruß an unsere Konfis

 

Liebe Konfis,

an den nächsten Wochenenden werdet Ihr konfirmiert.

Ein Jahr lang habt Ihr Euch darauf vorbereitet.

Eigentlich sollte es schon nach Ostern so weit sein,

aber dann kam der lock-down.

 

„Normal“ ist auch jetzt noch nicht alles:

Eure Feier wird anders sein,

als wir uns das vorgestellt haben.

Nicht alle, die Euch wichtig sind, können in die Kirche.

Der Gottesdienst wird nicht so feierlich sein.

Und auch beim Feiern danach werdet Ihr vorsichtig sein.

 

Ich habe den Eindruck:

Die letzten Monate haben viel verändert – auch bei Euch.

Einige von Euch kamen mir in den letzten Wochen so nachdenklich vor,

irgendwie reifer, erwachsener.

 

Eines ist mir wichtig:

Wenn wir jetzt Eure Konfirmation feiern,

dann geht es dabei um Gott.

Der will Euch durch Eurer ganzes Leben hindurch begleiten.

Ich persönlich bin froh,

dass ich Euch, wenigstens einigen von Euch, genau das zusprechen werde.

Gerade jetzt, auch wenn die Welt Kopf steht:

Auf unseren Gott ist Verlass!

Und ich wünsche Euch,

dass Ihr das immer wieder erlebt!

 

„Ich wünsch dir Gottes Segen,
ich wünsch dir seine Nähe, seine Kraft,
ein reich erfülltes Leben,
über dem die Hand des Höchsten wacht,
Liebe und Wärme,
Gelassenheit in allem, was du tust,
dass du auch in Stürmen
sicher und im Frieden mit dir ruhst.
Ich wünsch dir diesen Segen!“

(Martin & Jennifer Pepper © 2020 mc-peppersongs)


 

Pausenzeichen -

wie versprochen: wir sind zurück aus der Sommerpause!

 

Obwohl ich schon seit einigen Jahren aus dem Schulrhythmus raus bin, bleiben „die Ferien“ als eine Art Taktgeber für den Sommer bestehen, auch wenn Urlaub und Ferien durchaus nicht übereinstimmen.

Auch in der Stadt haben wir gemerkt, dass die Schulferien eine ruhigere Zeit sind. Nun ja, dieses Jahr noch etwas mehr als sonst.

Ich denke über den Sinne der Pause nach.

Wo gibt es Pausen?

In der Musik.

Im Gespräch.

Im Leben.

Pausen sind nicht Gegensatz zum Geschehen, sondern sie gehören dazu; sie sind ein wesentlicher Teil von jedem Vorgang, den sie unterbrechen.

Im Gespräch sind Pausen interessant, weil sie ausgehandelt, bzw. gewährt werden. Achten Sie doch einmal daurauf , wie unterschiedlich in einem Gespräch Pausen zustande kommen …

Was können sie alles bedeuten: Verlegenheit? Wortloses Verstehen? Stiller Machtkampf?

Wozu dienen Pausen?

Zum Beispiel, zum Atem holen.

Sie bieten die Möglichkeit Tempo, Rhythmus oder das Thema zu wechseln.

Wenn wir das Bewußtsein einer Pause haben, bleiben wir trotz Getrenntheit in Verbindung...

Weil wir ja wissen, dass es weiter geht. Das kann sehr schön sein.

In der Musik sind die Pausen meist exakt vorgeschrieben: sie können sehr kurz oder erstaunlich lang sein. Manchmal entstehen sie „nach Gefühl“.

 

Was unseren blog angeht: mit der weiter gehenden Verbindung, wie im Gespräch oder in der Musik ist es bei der vollständigen Getrenntheit von Schreibenden und Lesenden insgesamt ungewisser...

U.a. haben wir uns gefragt, ob wir die Überschrift „Quarantäne-blog“ weiter passend finden. Was meinen die geneigten LeserInnen? Andere Überschrift? Andere Inhalte? Anderes Format? Das Ganze eigentlich überflüssig? Wir haben weiter Lust und Ideen, brauchen aber etwas Resonanz...

Die Pause geht zu Ende, das Geschehen geht weiter – wenn's gut geht, gemeinsam.

Macht bitte Vorschläge an: uta.rode@ekir.de oder georg.freuling@ekir.de

 

Wir grüßen herzlich, wünschen weiter Gesundheit und guten Mut,

Uta Rode


 

Mehr als Brot

Das Sommerloch*

*besonders an wichtigen politischen Nachrichten arme Zeit während der sommerlichen Ferienzeit; Saure-Gurken-Zeit (Duden)

Wir – Uta Rode und Georg Freuling – verabschieden uns mit unserem blog ins Sommerloch. In den letzten Monaten haben wir an dieser Stelle mitgeteilt, was uns im Corona-Alltag beschäftigt und unserer Meinung nach uns als Gemeinde angeht: Umgang mit Abstand, Solidarität, Konsum und unser Leben als Christen unter Einschränkungen. Wir sind uns sicher: Diese Zeit wirft Fragen auf, die uns grundsätzlich interessieren sollten – über die Krise hinaus.

All das haben wir nicht nur mitgeteilt, sondern mit einigen auch in Gesprächen geteilt. Wir wünschen uns, dass unsere Wortmeldungen nicht ohne Echo bleiben, und freuen uns über Reaktionen, die auch gerne an dieser Stelle ihren Platz finden können.

Das Sommerloch hat praktische Gründe. Danach melden wir uns zurück. Doch vielleicht hat jemand Zeit und Lust, das Sommerloch zu füllen. Wir lassen uns überraschen! Beiträge bitte an Matthias.Hartnack@ekir.de, der unseren blog pflegt – herzlichen Dank dafür!

Uta Rode und Georg Freuling


 

Und nochmal : Kinder, Kinder

am Montag hat für viele, speziell jüngere Kinder neue Normalität, „verantworteter Normalbetrieb“ begonnen, bzw. Fahrt aufgenommen.

Viele, die den Rahmen dafür schaffen sollen, sind überfordert und mit Sorgen erfüllt.

Ich hoffe sehr, dass dieser Wiedereinstieg gelingt.

Unsere Kinder sind groß und sind aus dem Haus. Trotzdem gibt es mir Gelegenheit, grundsätzlich über „unsere“ Kinder nachzudenken. „unsere“ meint: alle Kinder, für die wir zuständig sind, egal ob wir persönlich Kinder in die Welt gesetzt haben oder nicht. Kinder in unserer Nachbarschaft, in unserer Stadt, in unserem Land, in der Welt. Es gibt das berühmte afrikanische Sprichwort : es braucht ein Dorf, um ein Kind groß zu ziehen. Meint: Kinder brauchen mehr und weitere Bezugspersonen als Eltern.

Der rote Faden unseres blogs ist ja: wie soll es weitergehen? Es ist die Frage nach der Zukunft, deren Ungewissheit uns zur Zeit noch klarer vor Augen steht als sonst.

Und da kommen für mich die Kinder ins Spiel. Keine Zukunft ohne Kinder. Das legt die Frage nahe: was brauchen diese Kinder, die jetzt wieder in die Kitas und Grundschulen gehen, von uns allen? Damit sie - und wir Älteren mit ihnen – eine Zukunft haben.

Gerade weil die Zukunft unsicher ist, sollten es erst recht Kinder sein, die gerne lernen, die voller Selbstvertrauen sind, die fröhlich sind.

Dafür brauchen Kinder einen sicheren Rahmen. Viele haben den nicht – auch in unserer Stadt.

In vielen Kinderzimmern auch in unserer Stadt steht kein Bett und kein Schreibtisch für die Hausaufgaben. In vielen Familien, die vorher über die Runden kamen, ist es eng geworden, seit Vater oder Mutter in Kurzarbeit oder gleich ganz ohne Job ist.

Die gute Nachricht: auch hier gibt es Menschen, die sich ehrenamtlich kümmern; die Familien in Not aufsuchen, beraten, unterstützen. Das funktioniert nur, wenn möglichst viele mitmachen.

Beim Klever Kindernetzwerk sind es im Moment 250 Menschen. Das ist ausbaubar.

Selbst mit 1 Euro im Monat sind Sie dabei und Teil der guten Sache: www.kleverkindernetzwerk.de

Ich freue mich, wenn Sie dazu kommen,

es grüßt Sie herzlich, Uta Rode


Soli-Lauf

Ich laufe regelmäßig. Schon seit Jahren. Herbst und Winter gefallen mir am besten. Kälte und Nieselregen stören mich nicht. Ich laufe zwischen 5 und 20 km – das hängt davon ab, was sonst so ansteht.

„Lauf solo in den Sommer!“ habe ich jetzt auf der Homepage der Evangelischen Kirche im Rheinland gelesen. Es geht um einen Sponsorenlauf. Die Idee: Alle, die in den letzten Wochen das Laufen für sich entdeckt haben, weil Sport im Verein oder Fitnessstudio ausfällt, können für ein gemeinsames Ziel die Laufschuhe schnüren und sich sponsern lassen. Mit den Erträgen wird der Corona-Hilfsfond der Vereinten Evangelischen Mission unterstützt, genauer die Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia. Finanziert werden Präventionsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus und Hilfspakete für Familien, die durch die Krise in wirtschaftliche Not geraten sind. Infos dazu gibt es unter http://medienpool.ekir.de/A/Medienpool/91359?encoding=UTF-8. (Die Datei wird als Download gespeichert, Sie müssen sie extra aufrufen.)

Ich laufe sowieso. Warum nicht mal für einen guten Zweck? Ich habe die Startnummer 69. Einige Sponsoren aus der Familie habe ich schon. Wenn auch Sie mich sponsern wollen, schicken Sie mir gerne eine Email (Georg.Freuling@ekir.de). Damit Sie wissen, worauf Sie sich einlassen: Die Aktion läuft bis zum 3. August und ich laufe ca. 20 km pro Woche.

Vielleicht haben Sie Lust, selbst zu laufen? Melden Sie sich an (Infos s.o.). Und wenn Sie mir auch dann eine Email schicken, können wir uns ja mal verabreden. Zum Beispiel an den Sieben Quellen. Und auf Abstand, versteht sich.

Mit besten Grüßen

Georg Freuling


Begeistert?

 

Wir haben gerade Pfingsten gefeiert.

Christinnen und Christen feiern, dass Gott uns in allen Schwierigkeiten dieser Welt seinen Geist an die Seite gibt. Eine Kraft, die uns gute Ideen gibt für Projekte, die dem Leben dienen und die unsere Gemeinschaft stärken. Nötig haben wir einen solchen Geist!

 

Denn unsere Geister scheiden sich nach einer Zeit relativer Einigkeit wieder;

die Einschätzung über Strenge oder Lockerung der Kontaktbeschränkungen gehen auseinander und vernunftgelenkte Debatten darüber sind richtig und notwendig.

 

Worüber ich nachdenke: dass tatsächlich über einige Wochen erstaunliche Einigkeit herrschte.

Wir haben auf wichtige Freiheiten, auf unsere gewohnte Kontaktgestaltung verzichtet.

Weltweit waren für einige Wochen für zwingend gehaltene Prinzipien von Konsum, Mobilität, der berühmten Freien Fahrt für freie Bürger in erstaunlicher Weise außer Kraft gesetzt.

Die Einsicht war groß; in den Umfragen war eine Mehrheit eher für eine Fortführung der strengen Maßnahmen.

 

Nun gibt es ja noch einige andere Probleme, die uns bedrohen.

Warum gelingt da nicht eine ähnliche „konzertierte Aktion“?

Ja, ich sehe die Unterschiede: beim Klimawandel besteht ein Abstand darin, dass bei uns erst die nächste oder übernächste Generation bedrohlich betroffen ist.

Die, die ihn jetzt schon spüren, machen sich auf den Weg in ein besseres, ein sicheres Leben: auf den Weg zu uns. Die Probleme hängen zusammen, denn nicht zuletzt der Klimawandel führt zu Flucht und Migration. Aber zu Flüchtenden fühlen wir Abstand, weil wir einen Wohlstand zu verteidigen haben.

Dagegen betrifft ein Virus uns unmittelbar, sofort und grundsätzlich unterschiedslos.

 

Ja, er ist ein Langstrecken-Problem, aber auf der ersten Runde sind wir der Bedrohung ganz gut entgegen getreten.

 

Ich betrachte die anderen Bedrohungen einmal als Virus: der lebensbedrohliche Kern ist ja nicht die Veränderung als solche, die hat es in der Geschichte des Lebens immer wieder gegeben, sondern wie wir ihr entgegentreten:

und wir treten ihr entgegen mit Angst (etwas zu verpassen, etwas zu verlieren), Vereinzelung (Hauptsache : Ich) und Fantasielosigkeit.

 

So betrachtet ist auch die Therapie gar nicht so kompliziert; es handelt sich sogar um eine Art Lebend-Impfung: raus aus der Vereinzelung! Lasst uns Gedanken, Sorgen und Ideen austauschen!

Nach meiner Erfahrung macht das sogar Freude! Und was wir aus Freude tun, könnte doch wirksamer sein, als was aus Sorge oder Gleichgültigkeit geschieht!

 

In diesem Sinne grüßt herzlich,

Uta Rode


Gottesdiensthygiene

Die Stühle sind auf Abstand gestellt, Desinfektionsmittel stehen bereit, Anwesenheitslisten wurden vorbereitet, alle Mitwirkenden sind informiert… Am letzten Wochenende haben wir nach zehn Wochen Pause die ersten Gottesdienste in unserer Kirchengemeinde gefeiert.

Für mich als Pfarrer war es eine merkwürdige Erfahrung. Ich hatte mit Presyterinnen und Presbytern vieles zu beachten, wollte mich aber davon nicht ganz in Anspruch nehmen lassen. Mit dem Orgelvorspiel wollte ich ganz umschalten auf Gottesdienst, so hatte ich es mir vorgenommen. Und das war nicht so einfach. Da sind all die ungewohnten Änderungen: Der Gesang entfällt, und ich bin froh, dass wir den Gottesdienst nicht schon eine Woche vorher, am Sonntag Kantate gefeiert haben. Die Liturgie ist gekürzt. Dafür gibt es zwei Schriftlesungen – „Lasset das Wort Gottes reichlich unter Euch wohnen,“ habe ich gedacht. Und dann ist da der ganz ungewohnte Blick auf eine Gemeinde mit Mundschutz.

Trotzdem habe ich den Eindruck: Die Menschen in der Kirche sind ganz da. Wir können zwar nicht singen, aber dafür werden Psalm, Gebetsrufe, Liedtexte und Glaubensbekenntnis umso beherzter gesprochen. Nachher sagen einige: „Ist zwar nicht wie vorher, trotzdem ist es schön, dass wir uns wieder treffen können.“

Bei mir bleibt ein - fühlbarer – Widerspruch: Wir feiern Gottes Nähe und bleiben auf Distanz. Das reibt sich. Aber anders geht es derzeit nicht. Und momentan geht vor, dass Menschen sich bei uns im Gottesdienst sicher fühlen und gesund bleiben. „Schön, dass wir uns treffen können!“ - Das muss momentan reichen.

Zuletzt habe ich übrigens dann selbst noch gegen die Regeln verstoßen: Beim Schlusslied „Herr, wir bitten, komm und segne uns!“ habe ich lauthals eingestimmt. Allerdings nur den ersten Satz. Danach habe ich verschämt den Mund gehalten. Einige haben es bemerkt und hinter ihrem Mundschutz gegrinst…


… wie die Kinder oder: warum wir Gottesdienste brauchen

 

Über vieles machen wir uns Gedanken in diesen Wochen.

Auch über die Kinder denken wir nach.

Was brauchen Kinder eigentlich? Wie werden sie groß?

Wie sind wir selbst im Lauf der Jahre erwachsen geworden?

 

Wir erinnern uns nicht daran, aber es fing alles mit einer ersten großen Trennung an:

der Ent-Bindung von unserer Mutter. Bis dahin war alles sehr gut; wir waren rundum versorgt.

Dann mussten wir raus.

 

Danach reihte sich eine Trennung an die andere. Manche wollten wir, in manche wurden wir geschubst. Zu jeder Trennung vom Vertrauten gehört Angst. Wenn es gut gegangen ist, haben wir sie bewältigt, indem wir ein Stück unserer vertrauten Beziehungen mitnehmen konnten :

eine Geschichte, die der Vater erzählt hat, ein Lied, oder vielleicht einen Teddybär.

Die Geschichte konnten wir irgendwann auswendig, das Lied konnten wir für uns selbst im Dunkeln singen und den Teddybär in den Kindergarten mitnehmen.

Auf geheimnisvolle Weise waren Vater oder Mutter dann bei uns.

 

So ähnlich fühle ich mich als Gotteskind: ich bin sein Geschöpf, ich komme von ihm. Irgendwann gehe ich zurück und heim.

Wenn alles gut geht, haben wir tief in uns Erinnerungen an das „bedingungslose Grundwillkommen“, das er uns ausspricht. Für dieses vertrauensvolle Erinnern brauchen wir Hilfestellungen: Geschichten, Lieder, aber auch etwas, was so konkret ist wie Essen, Trinken und Teilen. Das alles erleben wir im Gottesdienst. Deswegen brauchen wir ihn und freuen uns auf ihn.

Ich vertraue darauf, dass wir das auch erleben, wenn wir auf Abstand sitzen, nicht singen und nicht Brot und Wein oder Saft teilen.

Mancher „Trostteddy“ hat nur noch ein Auge und ist abgewetzt: er tröstet trotzdem, solange er für die Liebe steht, die wir empfangen haben.

 

Je älter ich werde, und in gewisser Weise auch erwachsen und verantwortungsvoll geworden bin, umso mehr erscheint es mir sinnvoll, notwendig und einfach „schön“ anzuerkennen, dass wir in gewisser Weise Kinder bleiben.

 

Ich freue mich auf alle Gotteskinder, die ich am Sonntag sehen werde!

Uta Rode


Ich bin präsent

von Martin Schell

Man hätte sie leicht missverstehen können, unsere Evangelische Kirche im Rheinland. Meine Anwesenheit war nicht erwünscht. Jedenfalls nicht in der einen der beiden Bedeutungen des Wortes „präsent“. Körperlich „anwesend“ solle ich nicht sein, wohl aber „geistig anteilnehmend“. Nicht mehr präsent sollen die sein, die zu einer Risikogruppe gehören. Und dahin gehört man schnell: älter als fünfzig oder spätestens sechzig, mit Bluthochdruck, mit Diabetes oder mit anderen Dingen, die die Widerstandskraft gegenüber einer Infektion verringern. Also nicht mehr körperlich zusammen mit Menschen, die ansteckend sein könnten. Wohl aber geistig präsent: am Telefon, am Bildschirm, in Videokonferenzen, mit allen Möglichkeiten des Internets und der sozialen Medien.

Das habe ich auch brav getan. Im Internet Kommentare hinterlassen, Diskussionen per E-Mail geführt, telefoniert (Dank an alle die, die mir von sich erzählt haben, mit denen ich reden und raten und beten durfte!) und mich auf Video aufnehmen lassen.

Jedenfalls: Jetzt haben wir Risikopfarrer und -pfarrerinnen die Möglichkeit, auf eigenen Wunsch teilweise von diesem Präsenz-Verbot befreit zu werden. Man kann nicht zu Präsenzdiensten verpflichtet werden, man muss sich Erlaubnis beim Dienstvorgesetzten richtiggehend im Gespräch erringen. Anders als beim Land Nordrhein-Westfalen, das dieses Verbot beispielsweise bei LehrerInnen auch hat, diese aber für Prüfungen und anderes wieder in die Schulen beordert, egal ob schwanger oder atemwegsgefährdet. Da finde ich unsere Kirche wesentlich vorsorglicher.

Jetzt darf ich, wenn auch mit Einschränkungen, wieder präsent sein in Gottesdiensten, in Sitzungen und in Seelsorgegesprächen in der Kirche, bei uns, in der Schule, sogar in Besuchen bei Sterbenden und bekanntermaßen Ansteckenden. Hausbesuche gelten weiterhin als zu riskant.

Ich freue mich, wieder von Angesicht zu Angesicht meine Arbeit als Pfarrer tun zu dürfen. Und wer weiß, vielleicht gelingt ja beides: anwesend sein und geistig anteilnehmend.


 

Die Erlebnis - Weinprobe

Gestern hatte ich eine unerwartete Überraschung: zum Geburtstag hatte meine Frau mir eine Weinprobe geschenkt - natürlich, wie es sich zu Coronazeiten gehört, als Live-Weinprobe zu Hause über einen YouTube-Kanal. Unter dem Motto „Stay at home & drink wine“ sollte vom Weingut Salm in Rheinhessen eine Auswahl an wertigen Weinen unter Anleitung des Winzers online verkostet werden. Die Technik war hergerichtet, wir hatten es uns gemütlich gemacht, der Wein war im Voraus bereits geliefert worden und wir warteten gespannt auf den Start der Live-Übertragung.

Die Probe begann mit einem vorzüglichen gut gekühlten, leichten Riesling. Den fruchtigen Geschmack am Gaumen nahm ich die Flasche in die Hand und betrachtete versonnen das Etikett. Dabei drehte ich die Flasche und studierte die Rückseite. Da, was war das? Neben den üblichen Angaben entdeckte ich etwas Ungewöhnliches: war das ein etwa ein Bibelspruch? Tatsächlich, der Winzer hatte ein Zitat aus der Bibel auf das Etikett gedruckt - so etwas hatte ich bisher noch nie gesehen. Was für eine Idee!? Auch die zweite, dritte und vierte Flasche war mit einem Vers aus der Bibel versehen.

Nun wollte ich mehr wissen.

Über die Chatfunktion der Konferenzschaltung fragte ich nach, was für eine Bewandtnis diese Zitate wohl haben? Der Winzer reckte sich, schaute ernst in die Kamera und antwortete: „Ja, wir sind Christen und glauben an Jesus und an den lieben Gott. Ich habe immer schon mit dem Gedanken geliebäugelt, einen Bibelspruch auf das Rückenetikett zu drucken. Wir überlegen gemeinsam, welcher Text passen könnte - oft hat man ja ein Zitat im Kopf, das einen besonders berührt. Und so haben die Bibelsprüche ihren Weg auf das Etikett gefunden, für jeden Jahrgang ein neuer. Für mich gehört es ganz klar dazu und ist eine Möglichkeit, meinen Glauben mit meiner Arbeit zu verknüpfen und mich immer wieder daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist im Leben!“ - und mit Seitenblick auf seine Frau: „Habe ich noch etwas vergessen?“

Das hat mich berührt und ich finde, es ist wert, einen daraus einen kurzen Beitrag für unseren „Quarantäne-Blog“ zu machen…

Alles Gute

Heiko Buff


 

Die Wutbürger sind zurück

„Corona – das ist doch alles Quatsch,“ schnaubt ein sichtlich aufgebrachter Mann ins Mikro. Gestern in Leipzig, vorher schon in anderen Städten treffen sie sich zu „Hygienedemos“ – Menschen, die ihrer Wut über die Einschränkungen Luft machen, Impfgegner, aber auch Rechtsradikale, die aus der Stimmung politisch Kapital schlagen möchten. So merkwürdig wie die Zusammensetzung der Demonstranten, so diffus sind auch ihre Motivationen. Viele fürchten, dass die Einschränkung der Grundrechte nur der Auftakt ist: Finstere Mächte greifen nach der Macht und wollen uns die Freiheit nehmen. Verschwörungsmythen kursieren, manche offen antisemitisch – die Vergangenheit lässt grüßen.

Natürlich: Die dürfen demonstrieren; das ist ihr in der Verfassung verankertes Grundrecht, und die Gesellschaft muss es ertragen. Nur ob die überhaupt noch merken, dass sie dieses Grundrecht gerade wahrnehmen? Und, ja: Politiker müssen Ihre Entscheidungen den Menschen erklären. Versuchen sie ja auch. Nur dazu müsste man zur „Lügenpresse“ greifen oder „Staatsfernsehen“ schauen.

Ich finde es bedrohlich, was sich da abspielt. Eine Psychologin erklärt es so: Wenn Menschen mit der Realität überfordert sind, wenn die Angst überhand nimmt, dann gehen sie schon mal Verschwörungsmythen auf den Leim. Die bieten ein einfaches Weltbild, klare Feindbilder und immer auch Schuldige. Und wenn das Virus droht, kann man es ja auch ignorieren: „Alles Quatsch, kann ich ja nicht sehen!“

Der Glaube ist für mich das glatte Gegenteil dieser Weltbilder. Der Glaube weitet unseren Blick und blendet die Realität nicht aus. Er hilft uns, schwierige Situationen durchzustehen. Er gibt uns Kraft, macht uns aber nicht zu Kraftmeiern. Er gibt uns Geist und Grips, dass wir mit offenen Augen durch die Welt gehen.


 

Große Soli

Wir haben in den letzten Wochen auf vieles verzichtet. Was hat uns dazu bewegt?

Für einige gab es gute Gründe, um die eigene Gesundheit besorgt zu sein.

Aber die Meisten fühlten sich in ihrer Bereitschaft zur Solidarität angesprochen.

Wir mussten lernen, uns selbst als mögliche Gefahrenquelle für Andere zu verstehen.

Virologen und Regierung haben uns das (im Großen und Ganzen) nachvollziehbar erklärt, und wir waren daraufhin bereit, auf vieles zu verzichten.

Jetzt verflüssigen sich die strengen Regeln, und das ist gut so.

Wir gehen wieder einkaufen, besuchen den einen oder anderen Freund oder machen vielleicht einen kleinen Ausflug.

Wir waren solidarisch mit alten und gefährdeten Menschen. Wir haben unsere Kontaktwünsche und unsere Bewegungsfreiheit zurückgenommen. Jetzt wollen wir ihnen wieder mehr nachgehen. Verständlich und berechtigt – das war kein Dauerzustand.

Neben den berechtigten eigenen Wünschen wird eine anders ausgerichtete Solidarität notwendig: wir nehmen die in den Blick, deren Existenz von den Schutzmaßnahmen bedroht ist: kleine Selbstständige, Kulturschaffende und Menschen, die ohnehin in den Randgebieten der materiellen Existenz angesiedelt waren. Sie brauchen Unterstützung. Das können nicht nur die geplanten Konjunkturprogramme der Regierung sein, sondern sie benötigen ein Wir-Gefühl bei denen, die die Krise dank komfortabler Lebens- und Arbeitsbedingungen ganz gut bestanden haben.

 

Ich stelle mir Solidarität als eine konzentrische Bewegung vor.

Viele von Euch kennen das Lied: „Ins Wasser fällt ein Stein“, und Ihr kennt das bewegte Bild das dabei entsteht. Faszinierend finde ich, wieviel Bewegung und Kraft bis in die weiten Wellenringe am äußeren Rand des ursprünglichen Geschehens immer noch wirksam ist. Die Physik kann das erklären.

In unseren Herzen und in unserer Gemeinschaft muss eine andere Kraft dafür sorgen, dass Energie weiter gegeben wird. Am Anfang steht die Aufmerksamkeit : nicht nur für die nächsten Mitmenschen, sondern eben auch für die übernächsten: interessiert es uns noch, wie es in den Flüchtlingslagern aussieht? Wie es sich dort lebt? Auf Dauer??

Wenn wir dafür offen sind, löst das verschiedenes in uns aus. Vielleicht Solidarität.

Aber eben auch anderes: bei mir, bei vielen Gefühle von Ohnmacht und Lähmung. Die können so schlimm sein, dass wir wieder weg gucken.

Wenn wir uns aber auf den Weg machen und Menschen suchen, denen es ähnlich geht, ist schon sehr viel gewonnen, bei der Bewegung : „Ins Wasser fällt ein Stein.“

 

Ich grüße Sie, grüße Euch herzlich,

Uta Rode


 

Wann ist endlich wieder Gottesdienst?

Laschet hat‘s erlaubt – wann geht‘s wieder los? Die katholische Kirche hat erste Gottesdienste schon am 1. Mai geplant. Und wann ist es bei uns so weit?

Ich weiß es nicht.

Das ist die Kurzfassung. Aber ich vermute, viele fragen sich jetzt „Warum das denn? Was ist daran jetzt schwierig? Gottesdienste haben wir doch vorher regelmäßig gefeiert…“

Dazu möchte ich Ihnen und Euch folgendes erklären:

Wenn wir demnächst Gottesdienste feiern, werden die anders sein als die Gottesdienste, die viele von uns gewohnt sind und schätzen. Sie sind nur unter strengen Auflagen möglich, zu deren Umsetzung sich die Kirchen verpflichtet haben. Dazu gehört die Abstandsregel – das bringt mit sich, dass in der Auferstehungskirche dann nur ca. 40 Menschen Gottesdienst feiern können. Daraus folgt: Vermutlich werden nicht alle, die möchten, einen Platz in der Kirche bekommen. Das müssen wir so organisieren, dass es fair zugeht. Wir müssen auch schriftlich festhalten, wer kommt, damit das Gesundheitsamt Infektionsketten nachvollziehen kann. Es wird eine Maskenpflicht geben. Und Singen wird nicht erlaubt sein…

Das ist nur ein kleiner Teil der Fragen, die wir zur Zeit intern klären. Entscheiden wird das Presbyterium. Aber so oder so, früher oder später, eines ist absehbar klar: Unsere Gottesdienste werden vorläufig so wenig normal sein wie der Rest des Lebens.

Für mich sind das nicht nur praktische Fragen. Es geht nicht nur darum, dass wir möglichst bald wieder feiern, sondern auch darum, was so ein Gottesdienst ist, wie wir ihn uns wünschen.

Für viele ist der Gottesdienst ein Ort der Begegnung. Durch die Gemeinschaft werden wir in unserem Glauben gestärkt. Das geschieht, in dem wir zusammen beten, singen, nebeneinander sitzen und uns vor und nach dem Gottesdienst unterhalten. Das wird in den nächsten Monaten ungewohnt anders sein, aber vielleicht werden wir gerade dadurch merken, was uns fehlt, und es um so mehr schätzen, wenn es wieder anders möglich sein wird.

Nach unserem (nicht nur) evangelischen Verständnis ist ein Gottesdienst öffentlich, auch wenn das vielen vielleicht gar nicht so bewusst ist. Das liegt nicht nur daran, dass wir höflich sind, alle einladen und niemanden den Zutritt verweigern. Der eigentliche Grund ist: Gott will uns Menschen erreichen, in dieser Welt zu Gehör kommen. Und deshalb ist der Gottesdienst öffentlich – publice, wie es im Augsburger Bekenntnis, einer der Bekenntnisschriften unserer Kirche, heißt. Vielleicht können wir etwas Öffentlichkeit retten, indem wir das Internet nutzen. Aber grundsätzlich stellt sich für mich die Frage: Wie können wir – über diese Krise hinaus – Gottes Wort so in die Welt bringen, dass es wirklich öffentlich wird! Der traurig kleine Besucherkreis der anstehenden Gottesdienste könnte uns die Dringlichkeit bewusst machen – Gottes Relevanz ist größer, als dass wir uns damit zufrieden geben können.

Zuletzt: Unsere Gottesdienste sind keine isolierten Inseln im Meer der Zeit. Sie stärken uns für den Alltag, für unseren Dienst als Christinnen und Christen in dieser Welt. Deshalb beten wir für die Welt und gehen unter Gottes Segen, gestärkt für das, was die Woche bringt. Ich befürchte deshalb, dass es uns als Kirche nicht gut tut, wenn wir nun mit unseren Gottesdiensten dem Rest des Leben vorauseilen. - Kindergärten bleiben vorläufig weiter geschlossen, Schulen öffnen erst allmählich und Menschen in Pflegeheimen sind isoliert. Natürlich können wir darauf verweisen, dass auch Möbelhäuser schon geöffnet sind, und darauf bestehen, dass wir jetzt an der Reihe sind. Aber ob das unserem Dienst in und an dieser Welt gut tut? Ich habe da meine Zweifel.

Das ist meine persönliche Meinung, nicht die des Presbyteriums! Aber das ist einem blog ja erlaubt :)

Georg Freuling


 

Alle guten Gaben, alles was wir haben

Liebe Gemeindemitglieder!

Die Pandemie hat uns voll im Griff, wer hätte das vor wenigen Wochen für möglich gehalten? Ganz Deutschland - nein, die ganze Welt befindet sich in einer bisher nie gekannten Ausnahmesituation und das ganze Gefüge der verschiedenen Kulturen, Lebensweisen und Gewohnheiten ist ins Wackeln gekommen und befindet sich in einer Schockstarre.

Auch in unserer Kirchengemeinde sind die Folgen mehr als schmerzhaft zu spüren. Es ist ein Schuss vor den Bug, den wir in diesen Tagen erleben. Aber so schrecklich die Bilder und Nachrichten in den Medien auch sind, so real vielleicht die eigenen Erlebnisse, Sorgen oder Vorstellungen in unseren nächtlichen Träumen auch sind, wir sollten uns einmal das ein oder andere Positive in dieser Situation vor Augen führen:

Wir haben eine selbst verordnete „Zwangspause“ eingelegt, die uns auch zum Nachdenken anregt. Mancher greift in diesen Tagen wieder zu einem guten Buch und nutzt die Stille zum Innehalten. Wäre das noch vor zwei Monaten denkbar gewesen? Für viele, die im Hamsterrad des Alltags einfach nur noch „funktionierten“, sicherlich nicht.

Man besinnt sich auch auf alte - in der Hektik in den Hintergrund geratenen - Rituale zurück. Ich denke da ganz konkret an das kurze Tischgebet vor den Mahlzeiten. Viel zu selbstverständlich ist uns „unser tägliches Brot“ geworden. Nun, da zwar kein Mangel an Nahrungsmitteln zu befürchten ist, wohl aber nicht unbedingt das gewohnte Produkt von der Firma XY zu kaufen ist, sondern zum Beispiel die Nudeln in der grünen und nicht bevorzugten blauen Schachtel in der Küche auf ihre Zubereitung warten, ahnen wir erst einmal, was es wohl für unsere Eltern und Großeltern bedeutet haben mag, vor dem Essen ein Dankgebet zu sprechen. Sie kannten den echten, lebensbedrohenden Hunger noch zu gut. Dass unser Lebensstandard bei Weitem nicht selbstverständlich ist und bereits durch ein winziges Virus, das noch nicht einmal ein Lebewesen und weder mit dem bloßen Auge noch mit einem Mikroskop zu erkennen ist, uns vor Augen geführt wird, wie klein und hilflos wir plötzlich sind, lässt mich innehalten. Ein kurzes Besinnen auf diese Tatsache und dann der Dank für unseren reichhaltig gedeckten Tisch tut da richtig gut und lässt sich in wenige Worte fassen:

„Alle guten Gaben, alles was wir haben, kommt oh Gott von dir, dir sei Dank dafür“. Das war übrigens unser Tischgebet zu Kindertagen und auch noch heute mein Favorit.

Ich erinnere mich auch noch gut daran, wie mein Vater nach dem Abendessen noch eine kurze Andacht zu halten pflegte. Am noch nicht abgedeckten Tisch saßen meine Eltern und wir drei Jungs. Vater las aus einem antiquarischen Buch kurze Abhandlungen vor, die uns drei pubertierende Jugendliche nicht zuletzt wegen der veralteten Wortwahl damals wenig berührten. Wir widmeten uns lieber den Hoheitskämpfen mit den Füßen unter dem Tisch, sehr zum Leidwesen meines Vaters, dem die Ablenkungsmanöver natürlich nicht verborgen blieben (meine Mutter dagegen konnte sich dagegen oftmals ein Lächeln nicht verkneifen). Zum abschließenden Vaterunser waren wir jedoch wieder voll bei der Sache.

Ich denke auch gerne in diesen Tagen an meine frühe Kindheit zurück - an die kurzen Gebete meiner Mutter auf der Bettkante vor dem zu Bett gehen - wie gut taten diese oftmals!

Lassen Sie Ihre Gedanken ruhig einmal schweifen und besinnen Sie sich auf diese vielleicht in Vergessenheit geratenen „Kleinigkeiten“ des Tages aus Ihrer Kindheit zurück. Lässt sich das ein oder andere wieder zum Leben erwecken? - Sie werden feststellen, es lohnt sich!

Bleiben Sie bitte gesund!

Herzliche Grüße aus der Klever Unterstadt

Ihr Heiko Buff


Ich kauf, ich kauf!

21. April 2020

„Ich kauf, ich kauf“,
singt Herbert Grönemeyer und: „Kaufen ist wunderschön...“

Die strengen Regeln haben sich ein bißchen gelockert.

Einige Geschäfte öffnen wieder. Wir freuen uns darüber: durch die Stadt schlendern, sich von den Angeboten anregen lassen, Menschen treffen, das ist tatsächlich wunderschön; und es ist für uns ein Zeichen, dass wir uns langsam Richtung „neue Normalität“ bewegen.

Wenn sich etwas verändert, denken wir nach; jetzt vielleicht auch übers Einkaufen. Ich bin keine shopping-queen; aber auch ich habe es in den letzen Wochen vermisst, ziellos durch einen Laden zu streifen, mich im Buchladen beraten zu lassen oder doch mal nach einem neuen T-shirt Ausschau zu halten.

Wenn wir einkaufen folgen wir Gedanken wie: was brauche ich? Worauf habe ich Lust? Suche ich Anregung, Belohnung, Trost oder ...

In den letzten Wochen haben wir auf einmal auch die andere Seite der Ladentheke realisiert: wir waren dankbar, dass Geschäfte geöffnet sind und Verkäuferinnen verkaufen!

Wir realisieren, dass Geschäfte oder Restaurants in ihrer Existenz bedroht sind.

Theoretisch wussten wir auch vor der Krise um Bedrohungen. Uns war klar, dass z.B. der online-Handel oder große Ketten den Einzelhandel in unserer Stadt bedrohen. Wir nutzen das globalisierte Angebot trotzdem: weil uns die Bequemlichkeit besticht, das umfassende Angebot oder der niedrige Preis.

Wir haben letzte Woche in unserem blog darüber nachgedacht, was uns auch die kleinen Alltagskontakte bedeuten können.

Wenn wir wollen, verbinden wir beide Gedanken: kaufe ich in meiner real existierenden Stadt ein und verbinde das mit einem kleine Mini-Kontakt, den ich in der Zeit der Kontaktreduzierung schätzen gelernt habe?

Oder folge ich der Dynamik von „schnell, schnell“, „Geiz ist geil“, und „alles ist möglich“?

Jetzt, in einer Umbruchphase Richtung Normalisierung frage ich mich:
nach welchen Gesichtspunkten kaufe ich ein?
Wo es am schnellsten geht, weil alles an einem Ort zu haben ist? Wo es am billligsten ist?
Wenn dies – nachvollziehbare – Gründe sind: welche Aspekte sind mir etwas wert ? Warum?
Wenn etwas billig ist – wer bezahlt dafür den Preis?
Welche Läden würde ich vermissen?

Für mich, für Sie fallen die Antworten sicher verschieden aus, das ist gut, weil wir ja - Gott sei Dank! - verschieden sind. Und vielleicht tauschen wir uns bei Gelegenheit darüber aus.

Es grüßt Sie herzlich,

Uta Rode


Freundlichkeit auf Distanz

9. April 2020

Ein Abendspaziergang. Kurz noch einmal die letzten Sonnenstrahlen genießen. Kaum einer ist unterwegs. Doch dann kommt mir eine Frau entgegen. Ausgerechnet hier ist der Bürgersteig nur einen Meter breit. Wir zögern beide. Überlegen erkennbar, ob wir nach rechts oder links ausweichen. Am Ende nehme ich den Bogen über die Straße um ein geparktes Auto herum. Im Vorbeigehen nicken wir uns zu. Freundlich. - Distanz und Freundlichkeit schließen sich nicht aus.

Haben Sie in den letzten Wochen Ähnliches erlebt? Wir sollen zur Zeit unsere Kontakte reduzieren. Und manchmal führt das zu Verunsicherung: Anfangs war da noch die wie gewohnt zur Begrüßung ausgestreckte Hand, immer noch bleibt der Schritt zurück, wenn wir merken, dass die 1,5 Meter unterschritten sind. Normalerweise lassen wir uns im Kontakt mit anderen von unseren Gewohnheiten leiten lassen. Das funktioniert in dieser Situation nicht mehr.

„Kontaktreduzierung“ betrifft aber nur die Art und Weise, wie wir uns körperlich nahe kommen. Das betrifft Handschlag oder Umarmung ebenso wie ungeduldige Zeitgenossen, die uns im Geschäft auf die Pelle rücken. Und damit hat es positive und negative Seiten.

Kontaktreduzierung bedeutet deshalb auch keineswegs, dass wir nun kontaktarm vor uns hin leben. In den Familien ist der Kontakt zur Zeit intensiver als sonst. Und auch das hat – positive und negative Seiten.

Auf jeden Fall führt Kontaktreduzierung dazu, dass wir darüber nachdenken, wie wir Kontakt gestalten, ihn halten und anders als sonst gestalten können. Und es gibt genug Möglichkeiten, die uns das Virus nicht kaputt machen kann:

- Anruf, für den, der nicht nur hören will, auch mit skype oder facetime

- Email, WhatsApp oder andere Kurznachrichten

- Karte, Brief oder Päcken zu Ostern

- Unterhaltung von Balkon zu Balkon oder von einer Straßenseite zur anderen, Osterspaziergang zu zweit mit Sicherheitsabstand

Und wenn‘s gut geht, führt die derzeitige Situation dazu, dass wir uns mehr Gedanken machen, wie wir diese Kontakte gestalten. Denn absurderweise kann ja auch eine Email oder eine Kurznachricht distanzlos sein! Ob analog oder digital und unabhängig von der körperlichen Distanz gilt, was schon in der Bibel steht: „Sorge im Herzen bedrückt den Menschen; aber ein freundliches Wort erfreut ihn.“ (Sprüche 12,25) Dabei wünsche ich Kreativität und Erfolg!

Georg Freuling


 

Wach auf, Dornröschen!

7. April 2020

Liebe Leute an Euren PCs, laptops, tablets oder smartphones, schön, dass Ihr dabei seid!

„Mehr als Brot“ steht über unserem Quarantäne-Blog.
Dass wir mehr brauchen, als Nudeln und Klopapier, merken wir jede Woche mehr.

In einem anderen Beitrag habe ich an den Propheten Jeremia gedacht, der an sein Volk im Exil schreibt. Da war es auch um Gärten gegangen. Die sind ja im Moment ein Geschenk: zwar ist es für Tomatensetzlinge noch zu früh; aber die Kirsche blüht und wir halten Ausschau, ob die Bienenblumenwiese aus dem letzten Jahr wieder kommt.

„Dornröschenschlaf“: das passt doch zu diesem Zustand, den wir gerade erleben: die Räder stehen still, alles verlangsamt sich. Unbefriedigend finden wir die Vorstellung, dass – wohl nicht nach 100 Jahren wie bei Dornröschen, sondern je nach Szenario in einigen Wochen, spätestens in einigen Monaten - allmählich wieder Normalität nach dem Motto „business as usual“ einkehrt.

Die Krise ist Vergrößerungsglas für Gutes und Schlechtes: es gibt tatsächlich Menschen, die aus der Not Profit schlagen oder hamstermässig um sich selber kreisen. Aber es gibt auch Solidarität auf vielen Ebenen.

Vielleicht ist die Krise ja auch ein Anstoß, fordert uns heraus, weil Selbstverständliches, für sicher Geglaubtes ausgesetzt, vielleicht sogar grundsätzlich in Frage gestellt ist: das Prinzip „Machbarkeit“ in unserer Heilkunst, die Selbstverständlichkeit unserer Bewegungsfreiheit, die Selbstbestimmung unserer Kontakte oder ganz grundsätzlich die – vermeintliche - Kontrolle über unsere Existenz.

Alltäglicher zwischenmenschlicher Kontakt ist zu etwas Bedrohlichem geworden. Gleichzeitig ist diese Bedrohung ungreifbar und unwirklich.

Wir sind mit unseren Defiziten konfrontiert: Wer sich vorher schon nicht gut alleine beschäftigen konnte, dreht jetzt vollends am Rad. Wem sein Partner oder die Kinder auf die Nerven gegangen sind, auch. Bestenfalls werden Ressourcen entdeckt: endlich Zeit, die Malutensilien wieder rauszuholen, schreibend oder telefonierend Kontakte zu pflegen, liegen Gebliebenes zu erledigen.

Interessant finden wir, dass auch die Gesellschaft auf einmal bestimmte Wertigkeiten hinterfragt: auf einmal sind Verkäuferinnen, Pflegekräfte u.a. HeldInnen des Alltags. Diesen HeldInnen gemeinsam ist, dass sie schlecht bezahlt sind.

Im normalen Alltag ist die technische Beherrschung der Welt höher angesehen als Hilfsbereitschaft. Jetzt appelliert die Politik an Solidarität und Zusammenhalt. Und die Menschen folgen.Sehr viele jedenfalls, die Anderen interessieren uns im Moment nicht.

„Krise“ heißt dem Wort nach Entscheidung. Wir möchten an dieser Stelle auf unserer Homepage Menschen ansprechen, die nach der Krise nicht in ersten Linie Aufholbedarf oder eben „business as usual“ auf der Tagesordnung sehen,sondern sich einen Austausch darüber wünschen, wie wir aus dieser Zeit der Einschränkungen etwas lernen können. In welcher Richtung soll es weiter gehen?

Wir haben ein paar ansteckende Ideen, die wir mit Euch teilen wollen.
In den nächsten Wochen jeden Mittwoch an dieser Stelle.
Wir freuen uns über Rückmeldungen.
Und ganz besonders freuen wir uns, wenn Menschen sagen/schreiben:
tolle Idee, ich würde gerne mitmachen.

Es grüßen herzlich, Pfarrer Georg Freuling und Uta Rode